Foto: Peter Leßmann

Nachhaltig & Regional

Sechs Jahrzehnte Markterfahrung

erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 125 (Juni 2023)

Ein ganzes Leben auf dem Markt – das möchte man meinen, wenn man sich die sechs Jahrzehnte Erfahrung von Ida Lammerding vor Augen führt. Aber natürlich ist das nicht alles, was sie erlebt hat! Schon als junges Mädchen half sie gern in der elterlichen Gärtnerei Nordmann in Sprakel aus, nachmittags ging es mit den Händen in die Blumen­ erde, Hausaufgaben wurden erst abends erledigt. In den Ferien stand Aushelfen auf dem Wochen­ markt auf dem Programm, natürlich auch das frü­he Aufstehen dafür! „Das habe ich gerne gemacht“, erzählt Ida Lammerding. Nach dem Schulabschluss besuchte sie die Haushaltsfachschule der Ordensschwestern im Liebfrauenstift in Münster, angesiedelt in der kleinen Gasse „Weges­ende“ (... zwischen den beiden Kiepenkerl-Restau­ rants, Anmerkung der Redaktion). Jeweils halb­ jährige Praktika in Großküchen, in der Landwirt­schaftsschule und in der Nähschule ergänzten ihre Ausbildung.

Foto: Peter Leßmann
Hofft, dass sie noch lange fit genug fürs Marktgeschäft bleibt: Ida Lammerding. „Mit vielen Leuten zusammenzukommen gefällt mir am besten daran!“

„Dann habe ich nach Saerbeck hin geheira­tet“, erzählt die Sprakelerin. Gemeinsam mit ihrem Mann Julius Lammerding baute sie im Freiland Gemüse an: etwa Erbsen, Möhren, Petersilie und Porree. „Das waren oft 18­ Stunden­ Tage, die Feld­arbeit wurde irgendwann zu viel“, erinnert sie sich. So schwenkten die Lammerdings um, von eigenen Ernten plus Zukauf auf kompletten Markthandel – sie kauften im Großmarkt und bei vertrauten Bau­ern und Gärtnereien ein, den Verkauf auf dem Markt übernahmen sie. „Schon damals fuhr ich nachts zum Großmarkt nach Essen und suchte mir die Ware persönlich aus“, erzählt Ida Lammer­ding, heute 73 Jahre alt. Waren es damals vier Markttage (zwei in Münster, zwei in Osnabrück), so konzentriert sich Familie Lammerding heute auf die Mittwoch­ und Samstagsmärkte in Münster. „Besonders gefällt uns natürlich, wenn wir regio­nale Produkte anbieten können, wie jetzt Spargel und Erdbeeren von einem bestimmten Hof im Rheinland oder etwa die guten Wolbecker Toma­ten“, so Ida Lammerding. 

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Ida Lammerdings Sohn Sven arbeitet ebenfalls am Marktstand mit, zudem führt er im Nebenerwerb den eigenen landwirtschaftlichen Betrieb in Saerbeck, den er 2012 von seinem Vater übernommen hat.
Foto: Peter Leßmann

„Fünfzig/fünfzig“ ant­ wortet die Marktbeschickerin auf die Frage nach den Stammkunden am Stand. Auch Laufkund­ schaft schaut bei ihr vorbei, die Lage in Domnähe zieht auch viele Schlenderer an. Gezielt laufen aber auch diejenigen die Auslagen an, die Fans der „Schnäppchentüten“ sind, „Wenn ich frische Ware bekomme, dann werfe ich die übrigbleibende letzte Handvoll der vorherigen Kisten doch nicht weg!“ ruft Ida Lammerding. „Die kommt für einen guten Preis in die Schäppchentüte. Und manche Kunden gestalten nach dem, was da drin ist, ihren Speiseplan.“ Das ist natürlich sehr nachhaltig. Und auch das „Ausrufen“ von Angeboten am Ende des Markttages sorgt dafür, dass die Ware noch ihren Besitzer wechselt. „Sehr gut“ gefällt Ida Lammer­ ding ihr Beruf – am schönsten findet sie daran, mit vielen Menschen zusammenzukommen. Damit meint sie nicht nur die Kundinnen und Kunden, sondern auch die Marktkollegen. „Wir besuchen uns gegenseitig an den Ständen und ich bringe auch mal ’nen Blech Kuchen mit ...“ Ja, gastfreund­lich ist sie auch. 

Foto: Peter Leßmann
Falls Sie die von Ida Lammerding handgepackten Schnäppchentüten suchen: Die liegen rechts auf der Ecke auf den blauen Kisten!

Gefragt nach ihren „Freizeitbe­schäftigungen“ (viel freie Zeit kann es eigentlich nicht geben) erzählt sie von der Pflege ihrer Blu­menbeete, vom Handarbeits­-Clübchen in Saer­beck – und, dass sie gerne mal Besuch einlädt. „Das kann man ja schön machen, wenn man zu­ hause alles in Ordnung hat!“. Weniger Freude hat sie am Reisen. Als junge Familie mit ihren drei in den 1970er und 1980er Jahren geborenen Kindern Stefanie, Tobias und Sven und mit der aufwendi­gen Marktselbständigkeit kam das Wegfahren so­ wieso erst nicht infrage. „Aber ehrlich gesagt reise ich auch gar nicht so gerne. Wenn ich einen Koffer packen muss, dann möchte ich am liebsten gleich wieder alles auspacken und lieber zuhause bleiben. Nach ein paar Tagen unterwegs zähle ich schon rückwärts ... noch zwei Tage, dann darf ich wieder zurück!“, schmunzelt Ida Lammerding.

 

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