Fashion & Accessoires
DREI BRüDER,IHR OPA, SEINE KUNST UND IHRE MODE
erschienen im MÜNSTER! Magazin Nr. 118 (Dezember 2022)
Drei Brüder und ein Business. Kunst trifft Mode. Ein Nachlass wird in die Zukunft getragen. Auf das Label trib und die Geschichte dahinter stießen wir per Zufall, als wir mal wieder zu Recherchezwecken zu einem Pop-up Event „ausgeflogen“ waren. Und wir freuen uns sehr, diese vielfältige Story jetzt erzählen zu dürfen: Siebdruck auf T-Shirts lautet die Kernidee, spannend wird diese vor allem durch die Familiengeschichte, die dahintersteckt. Denn die Brüder Luca, Fritz und Oskar von Burkersroda drucken Motive aus dem Nachlass ihres Opas Horst Janzen auf T-Shirts und vertreiben sie unter dem Label trib.
DER KÜNSTLER
Horst Janzen, geboren 1930 in Seegertswalde, Ostpreußen, gestorben 1978 in Bergneustadt, hat seine drei Enkel Luca, Fritz und Oskar nie kennengelernt, wäre aber vermutlich heute mächtig stolz auf sie. Seine künstlerische Laufbahn begann nach dem Zweiten Weltkrieg mit Tuschezeichnungen, Öl- und Temperabildern, schon im Alter von 18 setzte er sich in Kiel intensiver mit Malerei auseinander. Kurz danach zog er mit seiner Familie nach Oberhausen und ging dort als Plakatmaler und Schaufensterdekorateur in die Lehre. Als Mitglied der Gruppe Oberhausener Künstler erhielt der damals 25-Jährige 1955 ein Stipendium der Stadt Oberhausen. Ende der 1950er Jahre macht er sich in der Heimatstadt seiner Ehefrau Edith in Bergneustadt als Grafiker und Dekorateur selbständig und unternahm in den folgenden drei Jahrzehnten Studienreisen nach Dänemark, Finnland, Irland, Spanien, ins ehemalige Jugoslawien und nach Österreich. Er organisierte Ausstellungen und erlangte neben anderen positiven Kritiken 1974 den Preis Salon de Paris. Janzen legte sich nicht auf eine Stilrichtung fest, arbeitete mit verschiedenen Materialien wie etwa auch Eisen, Holz, Ton und Naturprodukten, zu seinem Nachlass gehören Gemälde und Zeichnungen mit Mensch- und Natur-Motiven, impressionistische Landschaften genauso wie abstrakte Interpretationen. Sein Werk wird heute von seinen drei Kindern Thomas (1958), Christine (1961) und Jan (1966) verwaltet – und Christine hatte die Idee mit den T-Shirts ...
DIE IDEE
Lassen wir die Münsteranerin Christine von Burkersroda doch einfach selbst erzählen, wie die Idee von der Kunst zur Mode kam: „Nachdem der Nachlass meines Vaters 40 Jahre geschlummert hat, zwischendurch gab es mal hier und da kleine Ausstellungen, beschloss ich, sein Werk zu archivieren. Bei dieser Arbeit wurde mir wieder einmal bewusst, welch ein Schatz da im Verborgenen lag. Ich dachte: Irgendwie müssen die Bilder oder Zeichnungen an die Öffentlichkeit. Vielleicht über den Aufdruck auf ein T-Shirt? Meine Lieblingszeichnungen würden sich dafür am besten eignen. Als mein Vater diese Zeichnungen 1978 erstellte, saß ich neben ihm in unserem Wohnzimmer auf dem Sofa. Sein neuer Rapidograph und das Fotopapier hatten ihn in den Bann gezogen. Ich verfolgte die flinken Bewegungen seiner rechten Hand mit großem Interesse und war von den Ergebnissen ganz begeistert. Dies sollten seine letzten Arbeiten sein, kurze Zeit später wurde mein Vater krank und starb im September 1978. Ich ließ die ersten Shirts 2016 mit diesen Motiven für unsere Familie bedrucken. Alle waren von dem Ergebnis angetan. Hin und wieder ließen wir dann Shirts bedrucken, um diese zu verschenken, dann schlief das Ganze wieder ein. Irgendwann im Jahr 2018 kaufte Oskar in Absprache mit den Brüdern eine Siebdruckmaschine, Siebe und Farbe. Jetzt wollten sie starten, T-Shirts mit den Motiven von Opa zu bedrucken. Ich verschickte die Vorlagen, und die Produktion begann. Ich würde sagen, ich bin stolz auf meine Jungs. Sie haben es tatsächlich geschafft, die Kunst meines Vaters in die Öffentlichkeit bringen. Und ich bin sicher, Opa Horst wäre ganz besonders stolz auf seine drei Enkel.“
DIE BRÜDER
Zu dritt formen die drei Brüder Luca, Fritz und Oskar von Burkersroda das Label trib, lassen so die Kunst ihres Opas wieder aufleben und bieten ihr „eine neue Leinwand“. Sie versuchen auf diese Weise aber auch, Menschen wieder mit Kunst und Kultur zu verknüpfen. „Kunst ist eine wichtige Angelegenheit, die noch schöner wird, wenn man sich Zeit dafür nimmt und sich mit ihr auseinandersetzt. In so schnelllebigen Zeiten wie heute wird das schnell vergessen. Wir versuchen, andere daran zu erinnern, so wie wir durch die Kunst unseres Opas und durch unsere Reise diese öffentlich zu machen daran erinnert wurden“, erzählen die Brüder. Diese sind übrigens auf vielfältige Weise miteinander verknüpft: Sie gestalten nicht nur zusammen ihr Label trib, Fritz und Oskar arbeiten auch beide im Familienunternehmen (Anmerkung der Redaktion: kultour.de) zusammen, darüber hinaus sind sie alle drei auch noch Mitbewohner, sie leben und arbeiten also zusammen. „Man könnte meinen, dass das zu vielen Schwierigkeiten führt, aber irgendwie ist dem nicht so. Gemeinsam mit den anderen Mitbewohnern zusammenzuleben, funktioniert einwandfrei. Zusammenzuarbeiten läuft manchmal etwas schwieriger ab. Wir sind sehr unterschiedlich und geben alle nicht wirklich gerne nach. Teilweise diskutieren zwei von uns hart am Wind, der dritte fungiert dann aber als Moderator, und nach jedem trib-Meeting sind die Wogen auch wieder geglättet. Unsere Unterschiedlichkeit führt auf der einen Seite zu Reibung, auf der anderen Seite ergänzen wir uns dadurch aber auch sehr gut“, erzählen sie.
Luca ist der Dienstälteste, was allerdings nicht heißt, dass er die Entscheidungsgewalt hat. Entschieden wird zu dritt, und wenn das aufgrund von Meinungsverschiedenheiten partout nicht funktioniert (was sehr häufig vorkommt), wird ein Verantwortlicher bestimmt, der das letzte Wort hat. Luca kümmert sich um alles, was kreativ ist. Er erstellt die Printmaterialien für Events, Poster, Aufkleber und ist für den Social-Media-Auftritt verantwortlich. Fritz ist der mittlere der drei Brüder. Vielleicht ist es deshalb auch nicht verwunderlich, dass er öfters als Mittler der bei-den anderen funktioniert. Bei trib ist Fritz verantwortlich für das Organisatorische – also das „Drumherum“. Er kümmert sich um Verträge, Banken, Steuern und darum, dass die beiden anderen ihre kreativen Ideen umsetzen können, manchmal auch mit Druck. Oskar ist der jüngste im Dreiergespann. Er ist dafür verantwortlich, dass die kreativen Ideen in die Tat umgesetzt werden und ist somit für die Siebdruckmaschine, Workshops und Co. verantwortlich. Denn irgendwer muss ja das Motiv auf die Textilien drucken!
DIE MODE
Nach dem Start mit der eigenen Siebdruckmaschine haben die drei etwa ein Jahr lang herumprobiert und immer wieder gedruckt – und nach wirklich gutem Feedback von vielen Interessierten („Kann ich auch so eins haben?“) haben sie sich im Sommer 2019 entschlossen, eine GbR zu gründen und die erste Kollektion in Portugal professionell produzieren zu lassen. Bis heute sind sieben Kollektionen entstanden. Teilweise produziert trib diese selbst – teilweise lassen die Brüder in Portugal fertigen. „Für Kollektion VII haben wir zum ersten Mal mit Rastersiebdruck gearbeitet und durch die Mögllichkeiten dieses Verfahrens erstmalig bunte anstatt wie vorher einfarbige Skizzen auf Textil gedruckt. Wir haben auf das Bleichen und Färben der Baumwollfasern verzichtet, sodass die natürliche Farbe zur Geltung kommt. Das Shirt mit dem Druck Zweisamkeit ist aus schwerer Baumwolle gefertigt (240g/m2) und fühlt sich dadurch wertig an. Der Schnitt ist boxy – also etwas weiter, aber nicht zu lang. Auf dem Shirt-Rücken ist das Gemälde von Horst Janzen platziert, auf der Brust das trib Logo mittig. Produziert wird diese Kollektion in Portugal“, berichten die Brüder. Nachhaltigkeit ist ihnen wichtig, sie achten bei der Materialwahl auf faire Produktionsbedingungen, Siegel wie GOTS und OEKO-Tex verifizieren ihren Anspruch.
DER VERTRIEB
Immer mal wieder tauchen die Brüder bei Events und Pop-ups auf, um die Kunst ihres Opas und die daraus entwickelte Mode zu zeigen. Hier gab es auch schon spannende Upcycling-Initiativen (Bring your own shirt – wir bedrucken es mit einem trib-Motiv). Ihr Onlineshop läuft im Hintergrund, Abholer sparen sich den Versand, oder es wird auch schon mal ein unkomplizierter Treffpunkt zur Übergabe vereinbart. Den nächsten Schritt gehen Luca, Fritz und Oskar jetzt gerade mit einem Wochenmarkt-Stand, den sie sich auf dem Domplatz mit den Labels Labim und bayti hier teilen. „Wir sind schon sehr gespannt auf die Begegnungen!“, so die Brüder. Falls Sie, liebe Leserinnen und Leser, die drei dort besuchen: Nehmen Sie Grüße von uns mit!
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