Kaffeespezialitäten aus der roestbar Kaffeespezialitäten aus der roestbar
Foto: Peter Leßmann

Menschen

the art of making coffee

Wer sich die zahlreichen Urkunden und Auszeich­nungen anschaut, die Erna Tosberg im Laufe der letzten Jahre für ihre Kunst an der Kaffeemaschine abgesahnt hat, könnte meinen, dass sie auf dieses Ziel schon ihr Leben lang hinarbeitet. Doch ihre Karriere als Barista sei eher zufällig entstanden, berichtet die 38­-Jährige. 2003 kam Erna nach Münster, um hier Klas­sische Archäologie, Alte Geschichte und Philosophie zu studieren. Zwei Semester ihres Studiums verbrach­te sie in Venedig, wo sie erstmals auf den Geschmack von gutem Espresso kam. Zurück in Münster brauchte sie einen Nebenjob und heuerte bei der roestbar an. Je mehr sie ins Thema einstieg, desto faszinierter war sie davon – und merkte, dass sie Kaffee dann doch span­nender fand als Klassische Archäologie. Ihr Studium schloss sie dennoch ab, und wie es der Zufall wollte, kamen die roestbar­-Gründer Sandra Götting und Ma­rio Joka genau in diesem Jahr auf die Idee, eine Kaffee­schule zu gründen. Erna war sofort an Bord und leitet die Schule bis heute. Seit über zehn Jahren gibt sie in den Kursen ihr Talent und ihre Leidenschaft für die Welt des Kaffees an andere weiter. Dass sie von beidem mehr als genug hat, bewies sie etwa 2013 und 2015, als sie zweimal die Deutschen Barista­-Meisterschaften gewann. Bis 2022 saß Erna sogar in der Jury der World Barista Championship und durfte die Leistungen von Baristas aus aller Welt bewerten.

Kaffeemühle Foto: Peter Leßmann
Erna Tosberg an der Kaffeemaschine Foto: Peter Leßmann

Was viele überraschen mag: Erna selbst trinkt am liebsten Filterkaffee. Gut gebraut, schwarz und ganz ohne Schnickschnack habe der so komplexe und viel­ fältige Noten, dass Milch oder Zucker nur stören wür­den. Aber auch einen cremigen Cappuccino weiß Erna zu schätzen, ebenso wie ein paar Tassen aus der French­-Press-­Kanne zu einem ausgedehnten Früh­stück. „Für jede Situation gibt es den richtigen Kaffee. Und für jeden Kaffee die richtige Tasse. Und für jede Tasse den richtigen Menschen!“, erklärt Erna lachend ihre Theorie. Man merkt: Für sie ist Kaffee viel mehr als ein wohlschmeckender Wachmacher. Lassen Sie sich auf den nächsten Seiten von Ernas Leidenschaft inspirieren und folgen Sie den Tipps und Tricks der Barista, um auch zuhause nicht auf die leckeren Spezialitäten verzichten zu müssen, die Sie aus der roestbar kennen!

Espresso

Auch wenn der Espresso ohne schicke Milchschaum­bilder auskommt und damit vergleichsweise unspek­takulär aussieht, zählt er zu den Königsdisziplinen der Barista-Kunst – und bildet zugleich die Grundlage für die anderen Kaffeespezialitäten in diesem Artikel. Da­mit der Espresso jedes Mal perfekt gelingt, hat Erna je nach verwendeter Bohne genaue „Rezepte“, die den Mahlgrad und die Menge des Kaffees angeben – für diesen Doppelshot waren es etwa 18 Gramm einer sehr fein gemahlenen Bohne aus Costa Rica. Damit die ge­mahlenen Bohnen sich gut im Sieb verteilen, klopft Erna ein paarmal von der Seite dagegen, bevor sie das Pulver kurz und kräftig mit dem Tamper festdrückt. Mit etwa 20 bis 30 Sekunden Extraktionszeit läuft der Espresso dann durch die Maschine. Dabei sollte die Flüssigkeit möglichst gleichmäßig und in einem Strahl aus dem Siebträger fließen – ohne das sogenannte „Channeling“, bei dem der Kaffee unregelmäßig aus mehreren Kanälen spritzt. Wenn alles glatt läuft, ist das Ergebnis ein aromatischer Espresso mit einer fei­nen Créma, der so geschmacksintensiv ist, dass laut Erna selbst der Zucker überflüssig wird.

Espresso Foto: Peter Leßmann

Cappuccino

Die Bestellung, die in den roestbar­-Cafés am häufigsten über die Theke geht, ist der Cappuccino. Die Grundla­ge dafür ist ein Espresso in einer mittelgroßen Tasse, der mit einer feinen Milchcreme – davon nur ein klei­ner Teil Schaum! – aufgegossen und bei Bedarf mit Latte Art verziert wird (siehe unten). Inzwischen trinken immer mehr Menschen ihren Cappuccino – wie auch die anderen Kaffeespezialitäten – mit Milchalternativen aus Soja oder Hafer. „In manchen unserer Cafés bestellt schon die Hälfte der Leute ihren Kaffee mit pflanzlicher Milch“, berichtet Erna. Schäumen lässt diese sich mittlerweile zum Glück genauso gut wie klassische Kuhmilch: Spezielle „Barista­-Editionen“ ent­halten mehr Proteine und Öle, durch die sich auch Hafer­ und Sojadrinks zu einer cremigen Konsistenz aufschäumen lassen.

Cappuccino Foto: Peter Leßmann

Milchkaffee

Ein Milchkaffee kommt, wie der Name schon andeutet, deutlich milchiger daher als ein Cappuccino. Hier wird ein einfacher oder doppelter Espresso – das kann je nach Geschmacksvorliebe, Müdigkeitslevel oder Tas­sengröße entschieden werden – gezapft und mit einer großen Menge Milchschaum versehen, die etwa der von zwei Cappuccini entspricht. Auch diese Spezialität lässt sich natürlich mit Milchalternativen wie Haferdrinks zubereiten. Diese unterscheiden sich von Kuhmilch optisch nur durch eine leicht abweichende Farbe – und natürlich durch den Geschmack, den vie­le anfangs gewöhnungsbedürftig finden. „Es gibt Milch­alternativen mit mehr oder weniger Eigengeschmack. Außerdem passen zu verschiedenen Kaffees auch ver­schiedene Milchsorten“, findet Erna. Das Ziel sei dabei immer, dass die Milch nicht zu stark dominiere, sodass die vielfältigen Aromen des Kaffees erhalten bleiben.

Milchkaffee Foto: Peter Leßmann

Latte macchiato

Der Latte macchiato ist eine milde Kaffeespezialität, die sich auch für (junge) „Kaffee­-Anfänger“ eignet: Der leicht bittere Geschmack des Espressos ist hier wegen des hohen Milchanteils wenig präsent. Außerdem hat der Latte macchiato, der meist in einem durchsichtigen Glas serviert wird, eine optische Besonderheit: die markante Schichtung von Kaffee, Milch und Schaum. Damit diese gelingt, wird – anders als bei den meisten anderen Kaffeespezialitäten – zuerst die Milch ge­schäumt und eingegossen. Hier darf der Schaum ruhig etwas fester sein, ein hohes Volumen ist beim Latte macchiato durchaus erwünscht. Erst danach wird der Espresso zubereitet und vorsichtig durch die Schaum­ schicht gegossen. Wichtig: Der Espresso sollte heißer sein als die Milch. Wer also eine besonders klare Kante in der Schichtung sehen möchte, wartet mit dem Ein­gießen des Espressos etwas ab. Denn je größer der Temperaturunterschied, desto akkurater die Linie!

Latte macchiato Foto: Peter Leßmann

Cascara

„Das ist doch kein Kaffee!“, denken Sie vielleicht beim Anblick dieses transparenten Getränks. Einerseits ha­ben Sie recht, andererseits nicht: Es handelt sich um Cascara, einen Kaffeekirschentee. Kaffeekirschen sind die Früchte der Kaffeepflanze, die die Bohnen umhül­len. Gießt man diese Schalen in getrocknetem Zustand mit heißem Wasser auf, entsteht ein süß­herber Tee. Als Wachmacher taugt Cascara (spanisch für Schale) allemal: Er hat sogar mehr Koffein als Kaffee. Das Ge­tränk, das sich geschmacklich zwischen Mate, Früch­tetee und schwarzem Tee bewegt, lässt sich zum einen heiß und pur genießen. Erna hatte jedoch während unseres Kaffee­-Shootings spontan noch eine andere Idee: Sie mischte den Kaffeekirschentee im 1:1­-Verhält­nis mit Tonic Water. Das Ergebnis war eine sprudelige, erfrischende Koffeinbrause – vielleicht das Sommertrendgetränk 2023?!

Cascara mit Tonic Water Foto: Peter Leßmann

Affogato

Sehnlichst sehnen wir die ersten warmen Tage herbei, an denen wir in der Sonne sitzen und uns einen Affo­gato al caffè genehmigen! Das italienische Kaffeedes­ sert besteht aus einer Kugel Vanilleeis, die mit einem einfachen oder doppelten Espresso (oder alternativ auch mit einem starken Kaffee) übergossen wird. Die­sem Anblick – wie die Kugel langsam im Espresso versinkt – verdankt die köstliche Spezialität auch ihren Namen: Affogato bedeutet auf Italienisch: ertrunken. Das Vanilleeis ertrinkt jedoch nicht wirklich im Espresso, vielmehr vermischt es sich nach und nach mit ihm – was den Affogato zu einer herrlich cremigen süßen Versuchung macht.

Affogato al caffé Foto: Peter Leßmann

Latte Art

Bestellt man in einem der roestbar­-Cafés eine Kaffee­spezialität, die mit Milch zubereitet wird, gehört eines so gut wie immer dazu: die Latte Art. Mit wunderschö­nen Schnörkeln, Blumen oder Herzen sind Cappuccino, Flat White und Co. nicht nur ein Genuss für den Ge­schmacksinn, sondern auch fürs Auge. Immer mehr Menschen wollen auf die süßen Schaum­-Bildchen auch zuhause nicht verzichten – einer der Gründe, warum die Barista­Kurse in der roestbar­-Kaffeeschule wo­chenlang im Voraus ausgebucht sind. Erna verrät uns die Tricks, die sie in den Schulungen auch ihren Teil­ nehmern beibringt.

Los geht es schon beim Schäumen der Milch: Diese sollte zu Beginn möglichst kalt sein und daher am besten direkt aus dem Kühlschrank kommen – denn je niedriger ihre Anfangstemperatur, desto mehr Zeit bleibt im Schäumprozess, bevor die Milch zu heiß wird und in sich zusammenfällt. Das gilt es na­türlich zu vermeiden: „Das Ziel ist eine feine, cremige Konsistenz, kein fester Bauschaum! Die geschäumte Milch sollte eher aussehen wie ein Eimer dickflüssige weiße Farbe, wenn man sie in der Kanne schwenkt“, erklärt Erna. Dafür sucht sie beim Schäumen den Punkt, an dem die Düse nur so weit in der Milch ver­senkt ist, dass sie noch ein wenig Luft einsaugen kann. „Wenn es klingt, als würde man ein Stück Papier zer­reißen, hat man die richtige Position!“

Erna Tosberg beim Milchschäumen Foto: Peter Leßmann
Erna Tosberg malt Milchbilder Foto: Peter Leßmann

So weit, so gut. Wer aus dem Schaum eine hüb­sche Figur gießen möchte, sollte laut Erna vor allem eines nicht zu viel tun: Nachdenken! „Man sollte nicht zu verbissen an die Sache herangehen, denn je weniger man darüber nachdenkt, desto besser klappt es. Kinder kriegen zum Beispiel oft erstaunlich schnell eine schöne Form hin – weil die einfach drauf los kippen!“ Ganz ohne Anleitung geht es dann aber doch nicht. Die Kanne hält Head­Barista Erna im 90­-Grad­-Winkel zur Tasse. Wichtig sei es, langsam zu gießen, erklärt sie, sonst pralle die Milch unten an der Tasse ab, schieße zurück nach oben und zer­störe die Créma. Um das zu vermeiden, baut Erna zunächst eine gute Struktur aus Milch und Créma auf, bevor sie ganz am Schluss aus dem Schaum das Bild gießt. Wie das in der Theorie funktioniert, ver­ stehen die meisten ihrer Kursteilnehmer schnell. „Aber es ist ein neuer Bewegungsablauf, den man ein paarmal wiederholen muss, um ihn zu verinnerlichen. Wie bei einem Tanzschritt: Auch wenn der Kopf ihn schon begriffen hat, brauchen die Füße manchmal ein paar Versuche, um den richtigen Rhythmus zu finden.“ Spezielles Equipment braucht man für die Latte Art nicht, nur ein Kännchen mit Tülle ist wich­tig, um die kunstvollen Figuren zu gießen. Aus einem Kännchen ohne jenen Schnabel lässt sich laut Erna nur ein Fleck gießen. Doch die gute Nachricht für Ungeduldige: Auch daraus lassen sich süße Bildchen zaubern, indem man den Schaum mit einem Zahn­stocher in beliebige Formen zieht. Wir sehen: Latte Art ist zwar eine Kunst, aber kein Hexenwerk. Mit ein bisschen Übung – und einer guten Lehrerin wie Erna – ist daran noch niemand gescheitert!

Erna Tosberg mit Milchkanne Foto: Peter Leßmann

 

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