Draußen
Von Herzen Gastgeber
erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 116 (September 2022)
Durch das Elternhaus an den Marktstand gelangt – das ist gar nicht so selten und wir lieben diese Generationengeschichten. Als Jugendlicher spülte Moritz Hesse bereits dann und wann im heimischen Keller die Kaffeetassen des Wochenmarktstandes, den sein Vater Wolfgang Hesse seit 1992 aufgebaut hatte. Damals noch Schüler der Gesamtschule Saerbeck pendelte er täglich „als Buskind“ von Ladbergen aus dorthin. Es folgten: eine Ausbildung zum Zimmermann, Zivildienst im Klarastift, ein Fachabitur im Bereich Bautechnik und ein Ausflug ins Bauingenieurwesen-Studium. Wir sind uns sicher: Das alles wissen auch seine eingefleischten Stammgäste nicht!

Schließlich ließ Moritz sich im Theater im Pumpenhaus zum Veranstaltungstechniker ausbilden und tourte später selbständig durch die Kulturlandschaft – unter anderem für das Storno-Ensemble. In den Sommerpausen schnupperte er regelmäßig Marktluft – an Wolles Kaffeemaschine. Und als schließlich 2014 mit dem Wachsen der eigenen Familie das mit Reisen verbundene Veranstaltungsbusiness suboptimal erschien, da kam Wolles Angebot, Vollzeit bei ihm einzusteigen, wie gerufen. Mehr als drei Jahre lang wuppten Vater und Sohn gemeinsam den Kaffeestand in der Domnische, Vermieter mit der Lizenz zum „Kraftstrom aus der Domwand“ ist übrigens die Domrendantur.


„Was magst Du besonders, Moritz?“ – „Gastgeber sein.“ Er grinst verschmitzt. Gastgeber sein, präsent, serviceorientiert, weiterdenkend. Das ist eine Kultur, die in Zeiten von Online-Begegnungen schon fast in Vergessenheit zu geraten drohte. Doch nicht bei Moritz, dessen Stand noch immer Wolle und Moritz heißt. Seinen Treffpunkt für Genießer, Kaffeeliebhaber und Frühstücksgrüppchen entwickelt er immer weiter. Er freut sich, dass er die Milchalternativen aus Pflanzen ohne Aufpreis anbieten kann und dass sie so gut angenommen werden, das Brötchensortiment hat sich um vegane Aufstriche erweitert, die Kuhmilch kommt aus dem Münsterland, gleich drei Bäcker vom Markt liefern die Brötchen, die Kaffeebohnen als eigene Hausmischung liefert die Roestbar. Viele kleine Entscheidungen fürs Lokale machen so den Unterschied, der Moritz wichtig ist. Kleine Gesten zählen dabei: Der „Kindercappuccino“ etwa wird zwar mit einem kleinen Obulus berechnet, dieser geht aber an Ärzte ohne Grenzen und die Summe wird von Moritz sogar noch verdoppelt.


Kein Wunder, dass der fröhliche und engagierte Marktbeschicker auch von den Marktteams, die hier ihr Frühstück abholen oder vor Ort genießen, gemocht wird. Diesen speziellen „Markt-Mikrokosmos“ mag wiederum Moritz sehr, denn alles dreht sich hier ums bewusste Einkaufen und das immer mehr auch mit Fokus auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit, seine Herzensthemen. Dafür steht er dann an den Markttagen auch gern früh um 4 Uhr auf. „Der Job bringt aber auch viel Flexibilität mit“, sagt Moritz: „Wann ich etwa unsere Schürzen falte, kann ich mir gut einteilen, ebenso habe ich auch zu ungewöhnlichen Stunden Zeit für die Kinder, kann joggen gehen, Freunde treffen, den Garten genießen oder auch die Fußball-Bundesliga verfolgen. Besonders die Schalke-Spiele!“
