Cafés
Kaffee-kurve am ring
erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 124 (Mai 2023)
Dicke Tränen scheinen bei einigen Kaffeefans zu rollen, wenn die Roestbar mal wieder etwas verändert. Besonders, wenn altvertraute Kaffeehäuser (zuletzt am Bohlweg, 2022, und am Theater, 2023) schließen. Umso erfreuter sind die Stammgäste, wenn Sandra Götting und Mario Joka wieder etwas Neues ausgeheckt haben. Dann stehen die Liebhaber der gerösteten Bohne auch gerne mal Schlange. So haben wir es an der neuen Roestbar am Ring erlebt, wo das Team am Tag der Eröffnung dann sogar jeden einzelnen Cappuccino „aufs Haus“ gehen ließ. Apropos Haus: Die neue Roestbar ist mal wieder an einem ungewöhnlichen Standort, in einem Gebäude mit Geschichte. Hier, im früheren Café und Hotel Schnellmann am Hubschrauberlandeplatz vor der Chirurgischen Klinik des Universitätsklinikums Münster, wurden in der Nachkriegszeit Tanztees ausgerichtet, hier sind unzählige Verlobungen dokumentiert, auch als „Nobel-Mensa“ für Mediziner wurde die legendäre Gastronomie damals gehandelt. Der in den 1930er Jahren errichte Bau mit Türmchen und schwungvollen Rundungen ist markant. Auch wenn die Schnellmann-Zeitzeugen nur noch rar gesät sein dürften: Ab Ende der 1980er Jahre und bis 1995 sorgte hier später der Tanzclub Obina Shock für einen nächtlichen Treffpunkt mit bunten Cocktails – die Autorin dieser Zeilen erinnert sich noch gut an genau hier durchgetanzte Nächte, denn der Laden „hatte was“! Das fand auch Mario Joka, ebenfalls damals hier Stammgast, und griff zu, um aus dieser Kultlocation nun die Roestbar am Ring zu entwickeln.
Seit kurz vor Ostern laufen hier in Münsters Westen, vormals „Kaffee-Diaspora“, die Siebträgermaschinen heiß. Das freut nicht nur die, die regelmäßig in HNO und Chirurgie (gegenüber am Ring) zu tun haben, sondern auch die Bewohnerinnen und Bewohner des benachbarten Viertels „Sentruper Höhe“, wo es zwar eine legendäre Eckkneipe (Sentruper Höhe oder kurz „Bei Henry“) gibt, aber kein echtes Café. Für die Roestbar am Ring haben Sandra Götting und Mario Joka wieder Sabine und Johannes Grimme als Architekten, Interiorgestalter und Tischler ins Haus geholt. Was wir schön finden: So manches Element aus früheren Roestbars (etwa Tische, Bänke, Hocker) wurde wieder aufgearbeitet und neu zum Leben in der Kurve erweckt. Das passt gut zur auch auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Roestbar-Philosophie. Wie immer haben die Grimmes aber auch für diese Roestbar ganz neu hingeschaut und gemeinsam mit dem Roestbar-Team ein individuelles, auf genau diesen Standort ausgerichtetes Innenarchitekturkonzept entwickelt. Inspiration für einen Teil der Form- und Farbwahl waren etwa farbenfrohe „Angelblinker“, also Köder, die sonst Fische zum Beißen animieren sollen ... und deren Nuancen sich nun im Kaffeehaus wiederfinden – einige im Regal baumelnde Original-Blinker zeugen von diesem Inspirationsweg.
Eine runde Sache ist das Ganze geworden: Nicht nur auf die Wendeltreppe abwärts mitten im Raum bezogen und auf die geschwungenen Sitzbänke zur Kreuzung hin: Viele verschiedene Verweilplätze sorgen drinnen und draußen für das richtige Plätzchen für jeden Bedarf. Espresso im Stehen mit Blick auf die Hüfferstraße? Langer Tisch, an dem auch Unbekannte miteinander ins Gespräch kommen? Eckplatz am schallschluckenden Vorhang? Oder draußen sitzen (Kännchen gibt’s aber nicht!) und das wilde Leben am Ring beobachten? Qualitätsverliebte Genießer von Spezialitätenkaffee-Variationen kommen bei den erfahrenen Roestbar-Baristi auf jeden Fall auf den Geschmack. Gelernt ist gelernt, schließlich hat die Roestbar an ihrem Campus im Norden der Stadt eine eigene Kaffeeschule, die natürlich auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchlaufen, bevor sie an die La Marzocco und an den Gast gelassen werden.
Das Prinzip „Bestell’ an der Theke“ ist auch hier wieder Konzept, Idee dahinter ist unter anderem, den fingerfertigen Baristi bei dieser Gelegenheit bei ihrem Handwerk zuschauen zu können. Und natürlich die passenden Leckereien auszusuchen, die den Kaffee begleiten werden. Etwa belegte Tollkötter-Hausbrot-Schnitten, Dinkel-Panini, die im Sandwichmaker aufgetostet köstlich duften, vielleicht darf es auch noch ein frisch gepresster Saft sein – oder lieber ein Aperol-Spritz, der so herrlich in der durch die großen Fenster brechenden Spätnachmittagssonne leuchtet? Aber hallo! Doch aufgepasst: Um 18 Uhr wird auch in derRoestbar am Ring der Kaffeezapfhahn hochgeklappt, dann ist Schluss mit lustig, Abendgastronomie wird es hier nicht geben. Schade eigentlich. Die Erinnerungen an die Schnellmannschen Tanztees und an Discorhythmen im Obina Shock würden Lust darauf machen. Hier im Westen sind alle aber nun erstmal froh, dass die Roestbar die Kaffeehausgeschichte, für die Münster ebenfalls seit Generationen und mit vielen starken Beispielen der Vergangenheit bekannt ist, weiterschreibt. Immer qualitätsverliebt. Und mit jeder Roestbar ein wenig anders.
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