Architektur
Weder monumental noch niedlich
„Die stadträumliche Situation war uns sehr wichtig. Wir wollten eine Piazza schaffen, keinen Hof!“ Peter Böhm
Eine kleine Gasse, nördlich vom Fürstenberghaus am Domplatz, öffnet sich zu einem Platz, der mit an Höhenlinien erinnernden Absätzen hinabführt zum Eingang des neuen Gebäudes. Man könnte auch der Nase nach gehen, denn auf dem Platz hat das Studentenwerk eine Grillstation errichtet, die am frühen Mittag bereits gut frequentiert wird. Die Studenten freuen sich, nun Raum zur Nutzung zu haben, nachdem dort vor ein paar Jahren noch die Archäologen nach Zeugnissen früherer Stadtgeschichte geforscht hatten und der Innenhof lange Zeit einer Baustelle glich. „Die stadträumliche Situation war uns sehr wichtig. Wir wollten eine Piazza schaffen, keinen Hof!“, erklärt Architekt Peter Böhm. Vom Gebäude zeigen sich die Studenten heute begeistert. Die mit ihrem strengen Raster an ein Bücherregal erinnernde Fassade trägt die Funktion des Gebäudes nach außen. Neben der Studiobühne enthält der Erweiterungsbau die Bibliotheken für Kunstgeschichte, Philosophie und katholische Theologie. Der Innenraum erfüllt einen der wichtigsten Ansprüche an eine Bibliothek: Man kann dort in Ruhe arbeiten. Mit einem Zwischenraum schließt der Neubau an die Altbaufassade an, deren Oberfläche wie die neu erstellten Wände mit Kalk-Zement-Mörtel geschlämmt wurden. So entsteht die vom Architekten gewünschte optische Einheit aus Alt- und Neubau. Der hohe, schmale Raum verfügt dank rauer Oberflächen, Ziegelwänden mit eingebauten schallschluckenden Materialien und vieler Nischen über eine angenehme Akustik. Ab und zu hört man ein leises Murmeln oder Räuspern, ohne den Verursacher orten zu können. Für noch mehr Ruhe gibt es auf jeder Etage vom Hauptraum abgetrennte Lesesäle.
Zwei gegenläufige Treppen führen in gerader Linie in die oberen Stockwerke und strukturieren mit ihrer Form den Luftraum. Man kann über die eine Treppe hinaufgehen und wie bei einem Rundlauf über die andere wieder hinab. So ist der hohe Raum aus verschiedenen Perspektiven erlebbar und es bieten sich interessante Blickbezüge zur Verwaltung im Altbau. Der ursprüngliche Kostenrahmen von etwa 15 Millionen Euro wurde vor allem durch Baumängel am Altbau überschritten. „Wir mussten das Gebäude unterfangen und neue Fundamente gießen. Außerdem stellten sich die dicken Wände des Altbaus als weniger stabil heraus als angenommen“, erläutert Peter Böhm. Ihm selbst gefällt am neuen Gebäude vor allem die Maßstäblichkeit. „Es wirkt weder monumental noch niedlich.“ Peter Böhms Wunsch für die Zukunft wäre übrigens einer, den sicherlich auch viele Studenten begrüßen würden: die Tordurchfahrt des Fürstenberghauses zu schließen und als Studentencafé zu nutzen.