Türklinke des Osnabrücker Rathauses Türklinke des Osnabrücker Rathauses
Foto: Adobe Stock

Mit dem Fahrrad

Auf den spuren des friedens

erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 120 (Januar 2023)

Alle sehnen sich nach Frieden. Wie verflixt lange es dauern kann, bis sich politische Mächte einigen, zeigt die Geschichte des Westfälischen Friedens. Dieser wurde einst in Münster und in Osnabrück verhandelt. Damit alle Beteiligten auf dem Laufenden blieben, brachten Boten die einzelnen Verhandlungsergebnisse hin und her. Zu Pferd oder in Kutschen. Die Geschichte kann man im besten Sinne des Wortes erfahren: Die Friedensroute ist eine fast 170 Kilometer lange Rad-Rundtour (siehe unten). Der Wanderweg X 1648 des Westfälischen Heimatbundes ist etwa 70 Kilometer lang. Beide Touren geben eine Ahnung über die Dimensionen der Friedensverhandlungen.

Wie war das damals? Seit 1618 wütete der 30-jährige Krieg. Der umstrittene Super-Monarch war der Habsburger Ferdinand II. (1578–1638), gefolgt von seinem Sohn Ferdinand III. (1606–1657), jeweils Erzherzog von Österreich und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Wir fragten nach beim Geschichtsexperten und Stadtführer Dr. Ralf Klötzer.

Herr Dr. Klötzer, was war vor über 375 Jahren auf den Straßen zwischen Münster und Osnabrück los?


Kutschen, Fuhrwerke, Reiter und Fußgänger waren unterwegs, täglich waren es wohl allein um die 20 Kaufleute zwischen Münster und Osnabrück. Die Straßen waren abschnittsweise befestigt. Meist aber gab es nur fest gefahrenen Boden, sandig, lehmig oder steinig. Die Wege wurden immer wieder erhöht, mit Material, das man aus den Straßengräben schaufelte. ‚Hellwege‘ nannten man diese Art. Die Route der Friedensboten entsprach dem schnellsten Weg. Daraus haben sich die heutigen Landes- und Bundesstraßen entwickelt. Von Münster nach Osnabrück ging es ähnlich wie heute über Ladbergen und Tecklenburg oder über Telgte, Glandorf und Hagen am Teutoburger Wald.

Wie lange dauerte es, bis die post ankam?


Vielleicht war die sogar schneller als heute, weil manche Post noch am selben Tag ankam: Die etwa 70 Kilometer von Münster nach Osnabrück legten Reiter und Kutschen an einem oder an einem dreiviertel Tag zurück. Es gab auch Poststationen, zum Beispiel in Ladbergen. Die Dokumente selbst waren handschriftlich schnell angefertigt.

Wie war die Stimmung damals in Münster?
 

Die Hoffnung auf Frieden lag in der Luft. Mit Beginn der Verhandlungen lief die Wirtschaft wieder an. Einige Kriegsschauplätze gab es schon nicht mehr. In Münster war viel los: Es lebten nicht mehr nur die 9000 Einwohner in der Stadt. 2000 Fremde kamen zu den Verhandlungen. Die Niederländer waren etwa im Krameramtshaus untergebracht. Spanier und Franzosen waren hier. Die Stimmung war noch spannungsgeladen, weil die Gesandten vor Ort teils Kriegsgegner waren. Damit es nicht zu Ausschreitungen kam, sorgten 1000 Landsknechte für Ordnung in der Stadt.

Das war ja fast vergleichbar mit dem Polizei-Aufgebot während des Gipfels der Außenminis-er der G7 kürzlich in Münster! Zum besseren Verständnis: Was hat eigentlich den 30jährigen Krieg ausgelöst?


Auslöser war der sogenannte ‚Prager Fenstersturz‘: Prag war die Hauptstadt des damaligen Böhmens. Der Habsburger Kaiser Ferdinand III. wollte Böhmen jedoch rekatholisieren. Die mehrheitlich evangelischen Böhmen wehrten sich, auf der Prager Burg kam es zu Auseinandersetzungen, Protestanten warfen drei katholische königlich-habsburgische Statthalter aus dem Fenster des zweiten Stockes. Dieser Mordanschlag war der Anfang des 30jährigen Krieges. Des Kaisers Militär richtete sich gegen Böhmen, das aber von den süd- und norddeutschen Protestanten unterstützt wurde. Dänemark griff ein, die Schweden ebenso. Gegen den deutschen Kaiser waren die Franzosen, die zugleich gegen Spanien kämpften. Fast ganz Europa war im Krieg.

Und was kam beim Westfälischen Frieden raus? 


Drei Verträge wurden beschlossen: einer in Osnabrück, einer in Münster – je für den 30-jährigen Krieg. Und der dritte betraf Spanien und Niederlande, die wiederum einen 80-jährigen Krieg ausfochten. Ein Ergebnis war die Schaffung der Niederlande als eigenständiges Land. Die Glaubensgruppe der Calvinisten wurde anerkannt und nicht mehr verfolgt. Es gab erstmals eine Art Religionsfreiheit. Ein anderes Ergebnis war die Einschränkung der Macht des deutschen Kaisers, dafür gewannen die Fürsten an Einfluss. Länder wie Schweden und Frankreich standen mit Deutschland auf Augenhöhe. Man kann sagen, dass das ein Anfang des heutigen Europas wurde, der Beginn einer europäischen Friedensordnung. Auch wenn es wenig später zu weiteren Kriegen kam, zum Beispiel Preußen gegen Österreich. Das waren aber zweiseitige Kriege und keine ‚Welt’-Kriege mehr, in denen mehrere Länder verwickelt waren. Zumindest für 150 Jahre ...

Vielen Dank für die Einordnungen!

Route Fahrradtour Foto: Adobe Stock

ROUTENFÜHRER ZUM FRIEDEN: Immer dem Reiter nach

(Text der Routenbeschreibung mit freundlicher Genehmigung des Verlag Esterbauer)

START UND ZIEL: Münster – für die komplette Rundtour, die sich gut auf drei oder vier Tagesetappen aufteilen lässt. Für Teiletappen eignen sich die Bahnhöfe: Osnabrück, Telgte, Ostbevern, Greven oder Lengerich.

STRECKENLÄNGE INSGESAMT: 164 Kilometer

HÖHENMETER: 417 m ↑ / 417 m ↓

Von Münster (1) radeln Sie in östlicher Richtung zur Pleistermühle am Flüsschen Werse. Von dort rollen Sie dann flach durch den „Pferdekreis“ Warendorf, wo Telgte (2) und Ostbevern (3) interessante Zwischenstationen darstellen. Über Glandorf (4) geht es ins niedersächsische Spargelparadies und weiter zum Soleheilbad Bad Laer (5) und nach Glane (6). Etwas hügeliger fahren Sie dann nach Bad Iburg (7) . Hinter Bad Iburg müssen Sie nun den Hauptkamm des Teutoburger Waldes überwinden. Über das Osnabrücker Land radeln Sie schließlich zurück nach Osnabrück (8).

Nur recht kurz sind die unbefestigten Wegabschnitte (zweimal vor Telgte, nach Telgte entlang der Ems und bei Glandorf am Heidesee), und auch Probleme mit stark befahrenen Straßen treten nur lokal (nach Telgte und in Ostbevern, Hagen i. T. W. und Osnabrück) auf. Im Naherholungsgebiet der Telgter Emsauen wird um Rücksichtnahme auf die Fußgänger gebeten.

Sie starten in Osnabrück mit seinem wunderschönen Marktplatz. Über Hasbergen (9) , wo sich die Zeugnisse der Industriekultur mehren, geht es nach Leeden (1)0 . Am Fuße des Teutoburger Waldes führt Sie die Friedensroute nun Lengerich (11) entgegen. Am Haus Marck (E) , einem der Schauplätze der Vorverhandlungen, sollten Sie unbedingt einen Abstecher in die bezaubernde Altstadt von Tecklenburg (12) machen. Über hügelige Landschaft mit wunderschönen Panoramablicken führt der Radweg über die Ausläufer des Tecklenburger Landes nach Ladbergen (13) . Vorbei am Flughafen Münster-Osnabrück (FMO) radeln Sie weiter nach Greven (14) und durch die Emsauen geht es in den malerischen Ort Gimbte (15) . Vorbei am Naturschutzgebiet der Rieselfelder und durch die Münsterländer Parklandschaft radeln Sie nun zum Ziel der Etappe, Münster.

Nur selten (nach Lengerich und Gimbte und bei den Rieselfeldern) fahren Sie auf unbefestigten Wegen. Auf stärker befahrenen Straßen radeln Sie nur in Osnabrück, Hasbergen, Leeden und Lengerich.

friedensroute.de

Friedensspuren

(A) Münster: Historisches Rathaus mit dem Friedenssaal 

Im beeindruckenden Friedenssaal in Münsters Rathaus hängen Porträts der Herrscher und Gesandten, die vor 375 Jahren in Münster um den Frieden rangen – darunter der deutsche Kaiser Ferdinand III. und der französische „Sonnenkönig“ Ludwig XIV. 

(B) Wallfahrtskapelle Telgte

Die achteckige Kapelle ist das erste Bauwerk in Folge des Westfälischen Friedens. 1654 legte Fürstbischof von Galen den Grundstein für den Bau der Kapelle.

(C) Osnabrück

Im dortigen Rathaus verhandelten der Deutsche Kaiser und die Königin von Schweden Teile des Westfälischen Friedens, der am 24. Oktober 1648 verkündet wurde. Auch Osnabrück hat einen Friedenssaal, der von den fünfjährigen Verhandlungen zeugt.

(D) Lengerich

Lengerich hat seine Friedensreiter Skulptur. Diese schuf der Künstler Volker Johannes Trieb und sie steht am Rathausplatz. Die Bedeutung dahinter: 1645 gab es in Lengerich ebenfalls wichtige Vorverhandlungen. „Das sogenannte ‚Lengericher Conclusum‘ ist das wohl bedeutendste gesellschaftspolitische Ereignis in der Geschichte unserer Stadt!“, erkärt Niklas Schulte, Vorstand des Vereins Offensive Lengerich. „Abgesandte der Konfliktparteien des Dreißigjährigen Krieges kamen in Lengerich zusammen und beschlossen am 10. und 11. Juli 1645 etwas Bahnbrechendes: Alle Städte und Stände, die unter dem Dreißigjährigen Krieg gelitten haben, werden an den Friedensverhandlungen beteiligt; unabhängig davon, ob sie kriegsführende Partei oder Leidtragende des Krieges sind.“ Erst damit konnten die eigentlichen Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück beginnen. 

(E) Tecklenburg/Haus Marck

Auf Haus Marck in Tecklenburg fanden bereits 1643 Vorverhandlungen zwischen den Städten Osnabrück und Münster sowie den verschiedenen Mächten statt. Haus Marck kann heute bei Führungen besichtigt werden. Regelmäßig finden Konzerte und Seminare statt.

(F) Ladbergen: Alte Post

Ladbergen ist fast Halbzeit zwischen Münster und Osnabrück. Das Gasthaus zur Post war ebenfalls Ort für Vorverhandlungen und eine wichtige Poststation mit Ställen für zwölf Pferde und vier Zimmer für Zweibeiner.

Haus Marck in Tecklenburg Foto: Cornelia Höchstetter
Haus Marck in Tecklenburg ist eine Pause wert. Auch hier fanden Vorverhandlungen zum Westfälischen Frieden statt.

Was auf die Ohren

Geht auch ohne eigene Kopfhörer und Podcast: Die Friedensroute hat Hörstationen mit allerlei Infos, gekennzeichnet mit dem Friedensreiter-Logo: In Osnabrück, Hasbergen, Bad Iburg, Bad Laer, Glandorf, Hagen am Teutoburger Wald, Ostbevern, Tecklenburg, Telgte, Lengerich, Ladbergen und Greven. Einfach ankurbeln und Hörer ans Ohr, dann erfahren Sie mehr.

 

 

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