Foto: Peter Leßmann

Nachhaltig & Regional

Mit Kopfsprung ins Blütenbusiness: Kim Odenbach

Zuerst erschienen im MÜNSTER! Magazin #111 (März 2022).

Schon vor 30 Jahren, also deutlich vor Kims Geburt, begann Familie Odenbach „als Lückenfüller“ auf dem Wochenmarkt. Und das ging so: Wenn einer der angestammten Markthändler mal ausfiel, dann wurde auf dem Großmarkt in Dortmund der Kofferraum mit Frischware im Wert von vielleicht 300 D-Mark vollgepackt, der frei gewordene Platz auf dem Domplatz eingenommen und das blühende Gut unter die Leute gebracht.

Blumenexpertise war da und wurde ausgebaut: Kims Eltern, André und Marianne Odenbach, stammten aus Münster und Mettingen und bauten sich von Ibbenbüren aus einen Blumenhandel in vielen Facetten auf. Vom kleinen Blumeneck integriert in eine große Handelsimmobilie bis zu mehreren großen Läden inklusive Gartenbedarf, Obst und Gemüse und an verschiedenen Standorten, etwa auch in Lengerich. Es wurde viel gearbeitet und immer wieder verändert, aufgebaut – und so wie wir es von vielen Markthändlern inzwischen wissen: extrem viel gearbeitet. Mittendrin wuchsen Kim und sein nur 20 Monate jüngerer Bruder Nils auf: liebevoll behütet und begleitet von den Eltern, und wenn diese beruflich eingespannt waren, zusätzlich unterstützt von einer umsichtigen Haushälterin. Als Kim 2013 die Realschule abschloss, sattelte er ein Wirtschaftsabitur auf. Nach erfolgreichem Abschluss nutzte er die Chance und schnupperte die Luft und Lust der weiten Ferne: Zehn Monate reiste und arbeitete der damals 20-Jährige in Australien.

Foto: Peter Leßmann
Zweige, Tulpen, Trockenblumen, Sträuße und auch individuelle Dekorationen: Natürlich können Sie die Odenbachs auch für besondere Aufträge ansprechen – Brautstrauß und Festdekorationen inklusive.

Jäh veränderte sich Kims Blick auf seine weitere berufliche Laufbahn, als er zurückkehrte. Frisch an der Uni eingeschrieben war er, gebraucht wurde er aber woanders: Papa André war schwer und unheilbar erkrankt. Kim sprang direkt zu Hause ein. Mit Knopf im Ohr auf dem Großmarkt unterwegs erlernte er den professionellen Blumeneinkauf, gecoacht vom Vater, der zu Hause auf dem Sofa ruhen musste und am anderen Ende der Telefonleitung seinem eingesprungenen Sohn die Welt der Frischblumen, die Tricks des Verhandelns und das perfekte Timing erläuterte. Eine harte Zeit. Und für Kim bedeutsames Rüstzeug für die kommenden Jahre, denn nach Papas Tod war für ihn klar: „Ich führe das, was die Eltern aufgebaut haben, in die Zukunft.“ Heute packt auch Bruder Nils mit an. Eigentlich hatte dieser den Maurerberuf erlernt. „Aber er hat nicht einen Stein auf den anderen gesetzt nach der Ausbildung, sondern sofort begonnen, Mama und mir zu helfen“, erzählt Kim Odenbach. Viel Freude haben die Brüder heute am Blumenbusiness, das sie gemeinsam mit ihrer Mutter führen. Oft sind alle drei am Marktstand anzutreffen, der jetzt nah am Dom links am Gang hinunter zum Spiegelturm Richtung Überwasserkirche zu finden ist. Viele Marktgänger erinnern sich aber auch noch gut an den früheren Standplatz direkt vorn am Eingang vom Rathaus aus. 

Kim berichtet mit leuchtenden Augen vom Einkauf auf den Großmärkten etwa in Herungen bei Venlo, wo in den Kühlhäusern ganz früh am Morgen die Ware eingekauft wird. Hier tankt er Euphorie für die ganze Woche, fragt sich „Was wird unseren Kunden wohl gefallen?“ und bemüht sich immer aufs Neue mit einer individuellen Auswahl der Highlights. „Wir wollen halt immer die Schönsten ergattern“, lacht er. Und da geht es nicht nur um Optik, sondern auch um Schnittreife, Sauberkeit, Entwicklung der Pflanzen nach dem Kauf und um Erfahrungen mit den Großhändlern. Und am Großmarkt treffen Kim und sein Bruder Nils, je nachdem, wer gerade unterwegs ist, auch auf die anderen Händler von Münsters Wochenmarkt. „Wir sind uns freundschaftlich verbunden, tauschen uns aus, treffen uns beim Einkauf und dann natürlich auch auf dem Markt wieder“, erzählt Kim, und das hört sich irgendwie gar nicht nach Konkurrenz an.  

Die Marktkunden in Münster scheinen extrem begeisterungsfähig zu sein: Bei unserem Fototermin gehen die „gefüllt gemischten“ Tulpen weg wie warme Semmeln, wir können kaum so schnell auf den Auflöser drücken, wie Kim und Nils sie in Zehner-, Dreißiger- oder gar Fünfziger-Bündeln über die Standtheke reichen. Der Frühling in Münsters Wohnzimmern scheint vorprogrammiert. Bunte Tulpen werden die guten Stuben zum Leuchten bringen.  

Foto: Peter Leßmann
„Gefüllt gemischt“ scheint ein Zauberwort zu sein: Diese Gebinde gehen weg wie warme Semmeln.
Foto: Julia Viefhues
Voilà, die Tulpentüte! Liebevoll mit bunten Kordeln umwickelt und verschenkbereit!
„Überall Vasen mit frischen Blumen! So sieht meine Wohnung aus. Ich möchte doch wissen, wie die Ware sich entwickelt!“ Kim Odenbach

Drei Floristinnen und sieben Aushilfen unterstützen Familie Odenbach. Die Blumen wollen ja auch gemischt und gebündelt (Tipp: Fragen sie nach der Tulpentüte!), verladen und dekoriert werden. Gefallen hat uns auch die Beschreibung des Endes eines jeden Markttages: „Dann schreien wir die letzte Ware raus!“ grinst Kim Odenbach, ein Spektakel, bei dem wir bald auch mal wieder Mäuschen spielen werden. „Blumen sind ein Luxusartikel“, weiß Kim, „aber ein wunderschöner!“ So ist auch seine eigene Wohnung in Ibbenbüren stets in jedem Raum mit Frischblumen geschmückt. Nicht nur, weil er die Ware so „in echt“ testet, er selbst liebt cleane Vasen mit farbharmonischen Gebinden, „zum Beispiel mit Eukalyptus, Distel und Lavendel“, beschreibt er seine persönlichen Vorliebe fürs Zuhause.  

Was an Freizeit bleibt, findet dann auch meist direkt in Ibbenbüren statt: Wie schön, dass die Brüder Kim und Nils nicht nur gemeinsam das elterliche Unternehmen in die Zukunft führen, sondern auch privat „wie Freunde“ sind. Gemütliche Treffen zu viert mit den Freundinnen inklusive. 

Foto: Peter Leßmann
Brüder, Freunde, Kollegen: Nils und Kim (von links). Mama Odenbach ist sicher­lich besonders glücklich über das, was diese jungen Männer gemeinsam leisten.

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