Nachhaltig & Regional
Blumenfan Sebastian Wermelt
Bereits in der dritten Generation führt Sebastian Wermelt gemeinsam mit seinem Vater Benedikt und seiner Mutter Ursula den Betrieb in Billerbeck. Schon seine Großeltern Hildegard und Josef Wermelt waren dem Kultivieren, der Pflege und dem Verkauf von Pflanzen zugetan: Sie gründeten vor 65 Jahren ihre Gärtnerei und zogen saisonale Topfpflanzen wie Primeln, Hornveilchen und Geranien. Auch auf Münsters Wochenmarkt verkaufen sie diese damals schon – sie wuchsen im heimischen Gewächshaus, präsentiert wurden sie dann auf dem Domplatz. Inzwischen hat sich das Wermeltsche Blumenkonzept verändert: Heute spielen Schnittblumen die unangefochtene Hauptrolle im Leben der zweiten (Benedikt) und dritten (Sebastian) Generation. Seit etwa 20Jahren liegt hier der Fokus des Familienbetriebs, in den Sebastian von Kindesbeinen an hineingewachsen ist. „Ich wusste schon in der Grundschule, dass ich Gärtner werden wollte“, erzählt er strahlend.
Und er setzte seinen damals kindlichen Wunsch konsequent um. Obwohl seine Eltern ihm geraten haben, auch Anderes auszuprobieren und ihm alle Freiheiten der Auswahl ließen. Nach Schule, Praktikum, Ausbildung in einem Betrieb in Münster und nachfolgenden Gesellenjahren startete er mit Anfang Zwanzig im großelterlichen und elterlichen Betrieb. Die bewusste Fokussierung auf die Schnittblumen hat er in dieser Zeit maßgeblich mit vorangetrieben. „Hochwertige Schnittblumen in dieser Vielfalt und vor allem auch Qualität anbieten zu können ist einfach ein Traum“, schwärmt Sebastian.
Und das ist ein ewiger Prozess, denn auch Trends spielen im Blumenbusiness eine Rolle. „Instagram Flowers“ nennt der junge Unternehmer das, Blumen, die aufgrund digital verbreiteter Ästhetik einen Aufschwung bis hin zum Megatrend erfahren. Trockenblumen sind so ein Ding. In den Siebzigern zuletzt in Mode, danach eher als verstaubt verpönt, haben diese in den vergangenen Jahren plötzlich ein Revival erfahren und spielen auch bei den Wermelts heute eine wichtige Rolle zwischen den vielen „Frischblumenkollegen“. „Oder nehmen Sie Eukalyptus“, erzählt Sebastian. „Vor Jahren hatten wir nicht mehr als ein paar Zweige pro Markttag dabei, heute kommen wir mit zwölf Eimern Eukalyptus verschiedener Arten – und die sind meist alle am Ende des Markttags verkauft.“ Mit der Zeit zu gehen ist ein Steckenpferd der ihr Geschäft liebenden Blumenspezialisten – auch die gelb leuchtenden Trommelschläger, botanisch korrekt Craspedia globosa, sind solche Shooting Stars der Blumentrends.
Und wie erkennt der Blumenmann, was „in“ ist? „Da gibt es viele Quellen“, erzählt Wermelt, „Fachzeitschriften, Verfügbarkeit im Großhandel, Pinterest, Instagram und nicht zuletzt: Die Nachfrage unserer supergut informierten Kundinnen und Kunden!“ Und diese stoßen bei Blumen Wermelt mit ihren Wünschen nicht nur auf offene Ohren, sondern auch auf Fachkenntnis: Neben einem ganzen Haufen Aushilfen, meist Studierenden und Schülerinnen und Schülern, vertrauen Benedikt und Sebastian Wermelt auf die Kompetenz von einem halben Dutzend Floristinnen im Team. Diese beginnen am frühen Markttagmorgen direkt vor Ort, große Präsentsträuße zu binden. Kleinere natürlich auch und sie bleiben dran über den Tag, denn neben den „Sehleuten“, wie Sebastian Wermelt es nennt (den Marktbesuchern, die hauptsächlich schlendern und schauen) erfreut sich sein Blumenstand vieler Stammkundinnen und -kunden, die regelmäßig für sich und andere Blütenpracht einkaufen.
„Vor allem mittwochs ergeben sich so vertraute Gespräche, denn wir kennen unsere guten Kundinnen und Kunden und können fragen: ‚Wie waren die gelben Tulpen vom letzten Mittwoch?‘ Oder: ‚Ist der Strauß gut bei den Gastgebern angekommen?‘“ Diese Nähe schweißt zusammen und bringt auch manches Schmunzeln mit, wenn Sebastian beim Herüberreichen der Blumenbunde scherzt: „Hey, heute biste aber spät dran, war’s schön gestern Abend?“ Man kennt sich. Das ist besonders. Und tut gut. Denn das nette Wort und ein Lächeln krönen dann das Blumenglück auf menschliche Weise.
Zum größten Lohn gehört für Sebastian Wermelt und sein Team auch, wenn der „mit einer gewissen Pingeligkeit“ aufgebaute Stand schon frühmorgens in voller Pracht von Gästen fotografiert wird: „Für uns ist unser Job Arbeit und Hobby zugleich, wir hängen daran“, so Sebastian. „Schäbige Pflanzen gibt es nicht, nur schlechte Qualität. Oder eben sehr gute! Und tolle Blumen sind einfach eine große Freude“, weiß der 33-Jährige.
„Alltag ist Knochenarbeit. Markttag, das ist Showtime!“ SEBASTIAN WERMELT
Lieblingsblumen? Da muss der Profi kurz nachdenken und entscheidet sich für die Eustoma, eine besondere Glockenblumenart. Oder die hiesigen Ranunkeln, die jetzt „mit ordentlich Dampf in den Beinen“ bei Wermelts zu haben sind. „Schneiden Sie sie nach vier Tagen nochmal an und wechseln das Wasser, das tut ihnen gut!“, rät er. Für einen Tipp zu jeder Blume ist er bekannt.
Natürlich ist nicht immer alles eitel Sonnenschein. „Bauen Sie mal bei Wind und kaltem Regen den Stand auf, dann wissen Sie, was ich meine“, gibt Sebastian Wermelt zu. Insgesamt sieben Wochenmärkte fährt er mit seinem Team an, die Domplatztage sind aber selbstverständlich die „Hauptmärkte“ für ihn. „Jede Woche ist bombenanstrengend“, erzählt er, einige Tage sind mit Doppelmärkten (etwa freitags in Coesfeld und Billerbeck) belegt, ein bisschen ruhiger ist es nur am Montag: Da wird erst etwas aufgeräumt auf dem Hof und der schönste Augenblick ist dann, wenn Sebastian am späten Mittag seinen Sohn Carlo aus der Kita abholen und danach ganz in Ruhe mit seiner Lebensgefährtin Annika und dem gemeinsamen Filius Zeit verbringen kann.