Knoblauch, Honig und Erwins Süßer Knofi Knoblauch, Honig und Erwins Süßer Knofi
Foto: Karin Brockmann / Greta Fotodesign

Food & Genuss

eine dufte idee

erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 109 (Januar 2022)

Dracula hat Pech gehabt. Ihm entgeht die Begegnung mit einem ganz besonderen Ehepaar aus Altenberge. In deren Scheune schre­cken ihn nämlich 17 Edelstahltonnen voller Knob­lauch ab.

Gehackt und nicht gepresst: „Der Knob­lauch ist fein gewürfelt, weil so die Zellen intakt bleiben und der Saft besser gespeichert wird“, er­ klärt Dr. Erwin Weßling. Agnes und Erwin Weß­ling aus Hansell produzieren und verkaufen seit knapp sechs Jahren 160­-Gramm­-Gläser mit Knob­lauch-­Honig als „natürliche Würze für die Küche“. Einen Likör in derselben Geschmacksrichtung gibt es ebenfalls. Das Ehepaar Weßling erzählt uns die Geschichte von Erwin’s Süßer Knofi. Dabei sit­zen wir am langen Tisch in ihrer Wohnmühle. Um uns herum die achteckige Kalksteinmauer der ehemaligen Windmühle. In der Architektur sym­bolisiert ein Oktagon seit der Antike das Original des achtstrahligen Sterns und steht für Vollkom­menheit. Wie auch immer – in diesem Raum ha­ ben tatsächlich einige Erfolgsgeschichten für die Weßlings begonnen. Später dazu mehr.

Erst geht es um den Knoblauchhonig, der auf der Zunge zwei bestens bekannte Aromen ver­eint, die beim ersten gemeinsamen Schmecken ein wenig verwirren: süß und würzig, schmei­chelnd und doch scharf. Nach einigen Minuten fühlt es sich wohlig in Mund und Magen an. Wie sind Weßlings, beide über 70 Jahre mit spürbar ho­hem Energielevel und großer Begeisterungsfähig­ keit, auf diese Köstlichkeit gekommen? „Das möchte ich erzählen, Erwin, lass mich ...“, sagt Agnes Weßling.

Dr. Erwin Weßling und Agnes Weßling, Gründer von Erwins Süßer Knofi Foto: Cornelia Höchstetter
Das Ehepaar macht seit Langem gemeinsame Sache. „Wir haben uns auf der Aufbauschule kennengelernt“, erzählt Agnes Weßling. „Seit unserem ersten Kuss auf der Kirmes in Rheine am 16. Oktober 1966 sind wir zusammen.“

YOGA GAB DIE INITIALZÜNDUNG

Im Jahr 2000 haben die beiden in Beruwela auf Sri Lanka eine Ayurvedische Kur gemacht. „Ich war ja skeptisch“, unterbricht Dr. Erwin Weßling. Seiner Frau zuliebe sei er mit. „Ich war neugierig, mache aber auch immer schon Yoga, kannte dar­ über einen Yogalehrer, der uns die Kur empfohlen hatte“, erzählt Agnes Weßling. „In Beruwela gab es einen Mönch, der aus Händen lesen konnte. Je­dem hat er etwas erzählt. Bei mir blieb er stumm, legte meine Hand zur Seite, ging in den Neben­raum und holte ein Einmachglas mit in Honig ein­ gelegten Knoblauchzehen. Jeden Tag sollte ich eine Zehe essen“, sagt Agnes Weßling. Knoblauch hat mit dem Wirkstoff Allicin eine leicht blut­ drucksenkende Wirkung. Das soll gut für das Herz sein. Außerdem soll Allicin Viren, Bakterien und Pilze bekämpfen und wird auch als „natürliches Antibiotikum“ bezeichnet. „Knoblauch war schon 3.000 Jahre vor Christus bekannt“, erzählt Dr. Weßling. „Der Pharao soll den Sklaven Knoblauch ins Essen gegeben haben. Damit ließen die Insek­ten von den Sklaven ab, die in den Sumpfgebie­ten des Nildeltas die Pyramiden bauten.“

Das Problem: Wie bekommt man das Ein­machglas mit Knoblauchzehen von Sri Lanka nach Deutschland? „Nicht in unserem Koffer“, stellte Erwin Weßling klar. Also versprach er sei­ner Frau, ihr zuhause solche Knoblauchzehen zu­ zubereiten. Das machte er. Sie kaute täglich eine Zehe. Beide haben dann jährlich die Ayurvedische Kur wiederholt.

Mühle von Erwin und Agnes Weßling Foto: Cornelia Höchstetter
Die Mühle hatte früher Flügel – das letzte Flügelpaar fiel einer Windhose zum Opfer.

VOM MÜHLENLABOR ZUM ANALYSE-INSTITUT

Schließlich hatte das Paar Nachholbedarf in Sa­chen Erholung. 1979 haben sie eine verfallene Mühle aus dem 18. Jahrhundert gekauft und an je­ dem Wochenende Hand angelegt und selbst res­tauriert, mit der Hilfe der Familien. „Mein Vater hat 30.000 Eichenschindeln mit der Hand gespal­ten“, erzählt Agnes Weßling. „Wir hatten damals schon drei unserer vier Kinder, kein Geld – die Mühle aber doch gekauft“, erinnert sich ihr Mann. Das Geld dafür hat die Familie bei der Sparkasseaufgenommen. Ein paar Jahre später klopften Weßlings nochmal bei der Sparkasse an: Sie frag­ ten 500.000 Mark an. Damit wollte Dr. Erwin Weß­ ling als promovierter Chemiker im achteckigen Mühlengebäude sein erstes Labor für Analysen von Lebensmittel, Pharma, Kosmetik und mehr er­ richten. Agnes Weßling wirft ein: „Weißt Du noch, wie viel Geld Du damals als Chemiker verdient hast? 2.400 D­Mark waren es, als wissenschaftli­cher Angestellter an der Uni.“ Ihr Mann setzt nach: „Ich kann mich noch gut an den Anruf der Sparkas­se erinnern: ‚Wir machen das‘!“ Eine weise Ent­scheidung der Sparkasse und der Weßlings: Heu­te ist das Familienunternehmen als Wessling Group mit Analytik und Beratungen für Immobilien, Um­welt, Lebensmittel, Verbraucherprodukte, Phar­ma und Kosmetik an 26 Standorten weltweit tätig.

Dr. Erwin Weßling bei der Knoblauchernte Foto: Karin Brockmann / Greta Fotodesign
Anfangs bauten Weßlings den Knoblauch noch selbst an – Dr. Erwin Weßling ist gelernter Gärtner.
„Knoblauchhonig hilft, gesund zu leben, es ist aber keine Arznei. Aber gut für Menschen, die gesund alt werden wollen!“
 
DR. ERWIN WESSLING

GÄRTNER, KUTSCHFAHRER, CHEMIKER

Zurück zur Geschichte der Kur. Dr. Erwin Weßling hatte Blutwerte, die sein Hausarzt in Altenberge anmahnte. Einer der Ayurvedaärzte in Sri Lanka empfahl ihm deshalb nicht nur Knoblauch, son­dern Honig mit Knoblauch. „Honig“, das weiß der Chemiker Dr. Weßling, „kurbelt den Stoffwechsel an und macht einen Mittagsschlaf überflüssig.“ Überhaupt zähle Honig zu den ersten Lebensmit­teln der Menschheit.

Zuhause in Altenberge, wieder ein Jahr später: Der Hausarzt staunte über plötzlich gebes­serte, gar sehr gute Blutwerte. Das war wohl der Startschuss im Kopf des Dr. Erwin Weßling: „Knoblauchhonig hilft, gesund zu leben, es ist aber keine Arznei. Aber gut für Menschen, die gesund alt werden wollen!“ Also haben sich Erwin und Agnes irgendwann in die Küche der Mühle zu­ rückgezogen. Durch die Fensterfront blicken sie erst in den Garten, dann über die sanften Alten­berger Hügel von Hansell. Abends wird dort der Himmel rosa­orange, wenn die Sonne untergeht. Inspirierend. In dieser Küche mixten sie das ers­te eigene Gläschen Knoblauchhonig zusammen. „Der Geschmack ist für Westfalen ja gewöhnungs­bedürftig. Die Frage war also: Wie bekommen wir das eher lieblich hin?“ Die Suche begann, ver­schiedene Varianten wurden durchprobiert. Ir­gendwann pflanzte die Familie im Selbstversor­ger-­Garten reihenweise Knoblauchpflanzen an. Gut, dass Dr. Erwin Weßling ein gelernter Gärtner ist. „Ich habe erst später das Abitur nachgeholt und dann Chemie studiert.“ Nach der Knoblauch­ ernte hingen die Knollen zum Trocknen unter dem Dach des offenen Pferdestalls – Agnes und Erwin Weßling sind bis vor einiger Zeit noch be­geisterter Kutschenfahrer gewesen. Angespannt wurden Vollblüter, die eigentlich für die Renn­bahn gezüchtet sind. In der Halle gegenüber der Mühle stehen noch ein historischer Doktorwagen, eine Münsterländer Landkutsche und eine Origi­nal Esterházy­Kutsche aus Ungarn. „Vielleicht fahren unsere Enkel eines Tages damit ...“, wün­schen sich die beiden.

Knoblauch beim Trocknen am Pferdestall Foto: Agnes Weßling
Sieht exotisch aus: So hing der Knoblauch zum Trocknen unter dem Dach des Pferdestalls.

EVENT MIT KNOBLAUCHPFANNE

Zurück zum Knoblauch: „Unsere Freunde haben bei der Ernte geholfen, sogar meine Mutter saß den ganzen Abend da und schälte die Zehen. Für alle war das ein echtes Event – zumal es hinterher Knoblauchpfanne, Käse und Wein gab“, erinnert sich Agnes Weßling. Doch bald war klar: Die eige­ ne Knoblauchernte genügt auf Dauer nicht. Mit ein paar tausend Gläschen begann Erwin’s süßer Knofi. 2021 verkaufte er mehr als 10.000 und 2022 sind sogar 20.000 avisiert. Verkauft werden sie über Hofläden, Feinkostläden, Fleischereien, in Münster auch im Homebeis oder bei Büning oder einigen Edeka­-Märkten. Dr. Erwin Weßling liebe es, so sagt er, in den Hofläden vorbeizuschauen und den Vertrieb selbst in die Hand zu nehmen. Ihm liegt das Handelsgen im Blut: Die Eltern hat­ ten im Kreis Steinfurt einen Marktstand und Er­win war als Jüngster von neun Geschwistern oft dabei.

Knoblauchernte im Münsterland Foto: Karin Brockmann / Greta Fotodesign
Aus der Anfangszeit: Knoblauchernte im Münsterland – damals halfen Freunde und Familie.

Schluss also mit dem eigenen Knoblauch­ anbau. Heute kommt der Knoblauch bereits ge­hackt und gekühlt aus der spanischen La Mancha. 2,8 Tonnen pro Ernte. „Pfingsten waren wir noch selber da und haben uns den Anbau angeschaut“, erzählen die zwei. Ihr Produktionsbetrieb ist ein Demeter­-Bauernhof, der biozertifiziert ist. Auch der Honig wurde sorgsam ausgewählt. Praktisch, dass zur Wessling Group ein Honiglabor in Ungarn gehört. Dort stöberte Dr. Weßling die mehrseiti­gen Analysebögen der Honigproben durch, bis er auf einen Honig stieß, der die niedrigsten Pestizi­de-­Werte hatte. Praktisch keine. „Der sauberste Honig kommt aus Bukowina. Dort gibt es noch riesige Buchenwälder zwischen Rumänien und der Ukraine. Da werden wir demnächst mit drei biozertifizierten Imkern zusammenarbeiten“, sagt der Chemiker. Waldhonig muss es sein. Der übrigens wenig mit Blümchen und Pollen zu tun hat: Blattläuse saugen Fruktose aus den Bäumen, verdauen diesen und hinterlassen Honigtau. Bienen sammeln den Honigtau. „Dieser Honig ist also schon zweimal verdaut“, grinst Dr. Weßling. Überhaupt – „Honig gehöre zu den ersten Lebens­ mitteln der Menschheit. Weil er selbst sich seit dem täglichen Esslöffel von Erwins süßem Knofi rundum wohl fühlt und sein Arzt gern und stolz die Blutwerte „eines 70­jährigen Altenberges“ he­rumzeigt, wünscht er sich: „Ich möchte, dass das allen hilft. Dass es allen gut geht. Aber es steht je­dem frei, den süßen Knofi zu versuchen.“

„Das Umrühren ersetzt jedes Fitnessstudio.“
 DR. ERWIN WESSLING
Dr. Erwin Weßling beim Rühren des Knoblauchhonigs Foto: Cornelia Höchstetter
Hier rührt der Chef selbst.
Dr. Erwin Weßling produziert Knoblauchhonig-Likör Foto: Cornelia Höchstetter
Aus der abgeschöpften Flüssigkeit produziert Dr. Weßling einen Knoblauchhonig-Likör.

FÄSSERWEISE ARBEIT

Jedenfalls hat Familie Weßling viel zu tun. Gegen­ über dem Mühleneingang steht eine Fachwerk­ Durchfahrtsscheune. Rechts geht es in die Manu­faktur. Erwin Weßling hebt den Deckel, steckt den Rührstab aus Edelstahl hinein und rührt kräftig um. „Das ersetzt jegliches Fitnessstudio“, schwärmt der Chemiker von seinem „Ausgleichs­sport“. 100 Kilogramm zäher Honig mit 100 Kilo­gramm gehacktem Knoblauch zu bewegen, ist kein Pappenstiel. Alle drei Tage müssen alle 17 Tonnen durchgerührt werden. „Wenn dann kei­ne Bläschen mehr aufsteigen, ist Erwins süßer Knofi fertig“, erklärt er. Die Bläschen verraten, dass das Honig­-Knoblauch­-Gemenge fermentiert. Dann füllt er die Masse in 160-Gramm­-Gläschen ab. Per Hand. „Eine Fertigungsstraße bekommen wir demnächst.“ Auch die Etiketten sind handge­klebt. Das Design hat Agnes Weßling mit ihren Kindern übernommen. Agnes Weßling ist Künst­lerin. „Autodidaktin“, wirft sie ein. Im ehemaligen Pferdestall stehen ihre Werke, ihr Atelier ist im ehemaligen Schafstall mit Blick auf die Rinder­ weide am Hang. Der Brennofen hat hier seinen Platz, um die Tonobjekte zu härten. Im Garten ste­hen auf kleinen Podesten Kinderfiguren, model­ liert nach alten Kinderfotos. In der Mühle hängen Acrylbilder, vor allem harmonische Farben.

Erwins süßer Knofi im Glas Foto: JuttaWaldhelm / xenai.de
Das Design der Gläser und das Logo haben Agnes Weßling und ihre Kinder entworfen.

Apropos Farben: Der Inhalt der Gläschen wird im­ mer dunkler mit der Zeit. „Das ist ein Zeichen, dass die Masse stabilisiert ist – ohne künstliche Stabi­lisierung“, darauf ist Erwin Weßling besonders stolz. Das Gläschen hält sich, ohne Kühlschrank und ohne Mindesthaltbarkeitsdatum. Mit Erwin’s süßem Knofi haben sich Dr. Erwin und Agnes Weß­ling ihr zweites Unternehmen aufgebaut.„,Business first‘ – das ist so in Familienunterneh­men“, weiß Agnes Weßling. Ihr Mann hat die Staf­ felübergabe der Wessling Group mit 67 Jahren vollzogen. Die Kinder Diana, Julia, Florian und Anna Weßling führen das international tätige Unternehmen mit 1.600 Mitarbeitern weiter. „Zwei­mal im Jahr treffen wir uns aber nochmal alle und besprechen die Lage. Dabei ist als unabhängiger Mediator ein Jesuit dabei“, erzählt Erwin. „Eigent­lich“, wirft Agnes Weßling ein, „wollten wir als Ruheständler mit einem Wohnmobil die Welt er­kunden. Das müssen wir jetzt wegen des süßen Knoblauchs noch zwei, drei Jahre verschieben. Aber dank des Knoblauchs, den wir selbst täglich essen, wird wohl nichts dazwischenkommen.“

erwins-knofi.de 

Instagram: @erwinsknofi

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