Food & Genuss
Quereinsteiger für Genuss und Qualität
Ein Förster, eine Modedesignerin, eine Gesundheitsmanagerin. Vater mit Tochter und Schwiegertochter. Drei Persönlichkeiten. Eine Familie. Ein Ziel: Klaus Friedrich, Judith und Sophie Helmrich (siehe Foto unten) gehören zu denen, die die Genusslandschaft in Münsters Innenstadt facettenreich, hochwertig und immer wieder überraschend mitgestalten. Sie lieben, was sie tun. Und das spürt jeder, der sie bei ihrer täglichen Arbeit in ihrer Butterhandlung an der Bogenstraße, im angegliederten Bistro am Horsteberg oder in Holsteins Brasserie in den Arkaden beobachtet.
Die Zeit des Wirtschaftswunders ermöglichte es, in der kleinen, in den 1920er Jahren von Eugen Helmrich übernommenen Butterhandlung, das Sortiment weiter aufzufächern: Neben den reinen Produkten wurden kleine Gerichte angeboten. Noch heute gehören die damals ganz unaufgeregt entwickelten Familien-Rezepte wie der köstliche Kartoffelsalat oder die unvergleichlichen Buletten zum von Stammkunden geliebten Standardrepertoire der Delikatessenhandlung unter den Bögen im Kiepenkerlviertel. Diese „All-time-favourites“ der 18 Meter langen Delitheke haben ihre eingefleischten Fans – und apropos Fleisch: Das ist hier sowohl in Form von Wurst, als auch in jeder anderen Variante der Weiterverarbeitung ein liebevoll ausgewähltes Gut.
Denn Klaus Friedrich Helmrich hat schon in den 1980er Jahren, als „artgerechte Tierhaltung“ noch eine eher vernachlässigte Vokabel war, seine Liebe zu Qualitätsfleisch entdeckt und ausgebaut. Er begann, jedes Gramm Fleisch, was er für sein Unternehmen einkauft, zu hinterfragen. Dicke Bretter musste er bohren, um kleine Höfe auszumachen, die ihre Tiere entsprechend füttern, versorgen und halten, um „Ringeltauben“ unter den Metzgern zu finden. Ein Thema, das den Helmrichs auch heute noch sehr wichtig ist. So halten sie permanent die Augen offen, wenn sie unterwegs sind, um die entsprechenden Lieferanten zu finden und auch, um den Partnern auf den Höfen immer mal wieder über die Schulter zu schauen. Qualitätskontrolle im Sinne des lieben Viehs. Mag sein, dass die Tierhaltung Klaus Friedrich Helmrich deshalb so wichtig ist, weil er im Erstberuf Förster ist. Aus dem Wald in die Stadt, erst zwischen Bäumen, dann unter Säulen – warum nicht?
Leidenschaftlich führt er mit seiner Tochter Judith und ihrer Ehefrau Sophie das Familienunternehmen. Auch sie sind Quereinsteigerinnen: Als Modedesignerin verantwortete Judith Helmrich jahrelang die Kostümabteilung der Staatsoper Hamburg mit … ein kreativer, ein „wuseliger“ Beruf mit dem Ziel, „den Menschen eine gute Zeit zu bescheren“ – und damit auf die eine oder andere Art gar nicht so anders als die Leitung der Butterhandlung. Dritte im Bunde ist ihre Ehefrau Sophie Helmrich, die in Maastricht Gesundheitsmanagement studiert hat. Quereinsteigerin, was sonst. Die Brücke zur Gesundheit ist aber hier kein schlechtes Stichwort, denn sie liebt es, in der traditionellen Delikatessenhandlung auch kulinarische Strömungen wie exotische und regionale Superfoods sowie „leichte“ Küche und exotisch-frische Nuancen einzubringen.
„Superfood trifft auf Omas Bulette – wir lieben die Vielfalt!“ Judith Helmrich
Ein Familienunternehmen mit vielen Facetten: Helmrichs Töchter Amelie, Esther und Judith konnten der Leidenschaft für Lebensmittel schon als Kinder nicht entkommen – Familienurlaube führten wie zufällig an Weingütern vorbei, machten Station an Walnussplantagen, strandeten irgendwo, wo es verführerisch duftete und wo mit Liebe zubereitet und abgefüllt wurde. Zuhause machten die drei Mädels mit, „sobald sie gefahrlos ein Messer festhalten konnten“. Als Schülerin jobben in der Butterhandlung? Na klar!
Ein typisches Phänomen für die inhabergeführten Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe in Münsters Innenstadt ist nicht nur, dass die Jugend sich schon früh im elterlichen Betrieb wohlfühlt, sondern auch, dass die jungen Leute sich dann frei heraus in der Welt entfalten dürfen – und später dann doch wieder gern im Familienunternehmen in Münsters Altstadt landen. Weil es so schön ist. Sympathisch.
Mit dem Konzept der Delikatessenhandlung mit Schwerpunkt Frischetheke sind die Helmrichs in großem Radius allein auf weiter Flur. Klar gibt es Feinköstler, aber die bieten meist nur Hartware, nichts Frisches, nicht selbst Zubereitetes. Die Mischung aus selbstimportiertem europäischem Wein (aller Preisklassen), aus formvollendetem Service (auf ihr Team aus etwa 70 exzellent ausgebildeten und ihren Kunden besonders freundlich zugewandten Mitarbeitern sind die Helmrichs besonders stolz) und eben jenen, in der eigenen Küche zubereiteten Leckereien der Delitheke (Manchegosalat! Sardische Fregolanudeln! Dicke Bohnen mit Rucola!) macht’s.
Dass hier alte Rezepte auf neue Impulse treffen, Wurstwaren auf vegane Leckerbissen, die bescheidene alte Dame ihren „halben Hering“ und daneben der Unternehmer ein ganzes Partycatering ordert, ist jeweils kein Gegensatz, sondern Teil des Konzepts, das auf Vielfalt setzt. Eine der besten Käsetheken Deutschlands, ja. Raritäten aus Weinauktionen, ja. Vielfache Feinschmecker-Auszeichnungen, ja. Aber Schwellenängste: bitte nicht! Die Helmrichs empfinden es als Segen, dass sie auch Münsters Studenten, die Slow Food für sich entdeckt haben, junge Familien, die sich nachhaltig ernähren möchten, Fitness-Freaks, die auf Frische und Vitamine setzen und Touristen, die so eine Vielfalt noch nie gesehen haben, zu ihren Kunden zählen dürfen. „Dass die Menschen heute wissen wollen, was drin ist in ihrem Essen, dass sie sich für Lebensmittel interessieren, begeisterte Köche sind, dass sie aufgehen in Rezeptbüchern und es lieben, gesellig mit Freunden zu speisen, finden wir klasse, wir lieben das auch!“, so Judith Helmrich. Und wenn es nach ihr geht, muss das noch nicht mal zwangsläufig am Tisch sitzend stattfinden: Für die Zeit der Skulptur Projekte hat das Team der Butterhandlung Picknick-Arrangements vorbereitet. Gute Idee!