Auktionator und Kunsthändler Daniel Meyer Auktionator und Kunsthändler Daniel Meyer
Foto: Peter Leßmann

Menschen

Goldgräberstimmung im Auktionshaus

erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 121 (Februar 2023)

Kunstvolle Malereien schmücken an Eisenketten befestigt die Steinmauern der Halle, in großen Metallregalen stapeln sich Porzellantassen, bunte Vasen und undefinierbare Figuren. Dazwischen Unmengen an Verpackungsfolie, Papier und alte Kartons. Die letzte Versteigerung in der Auktionshalle von Daniel Meyer in Roxel ist gerade vorbei, die restlichen Objekte warten nun auf die Abholung durch ihre neuen Besitzer. Der münstersche Antiquitätenhändler und Auktionator sitzt hinter einem massiven Eichentisch, auf dem sonst der alles entscheidende Hammer fällt und erzählt von seiner Reise in die Kunstwelt.

SCHATZSUCHER IM AUSSENDIENST 

Mit 17 Jahren ist der Augsburger für sein Studium nach Münster gekommen, Kunstgeschichte und freie Malerei brachten ihm sein breitgefächertes Fachwissen. „Für das, was ich mache, müsste man eigentlich eine Kombination aus Psychologie, Einzelhandel, Kunstgeschichte und BWL studiert haben“, scherzt er. Eine Wohngemeinschaft fand er zunächst nicht und zog in ein münstersches Kloster. Seine Zeit dort war jedoch schnell vorbei, verrät er. „Nachts bin ich durch den Garten geschlichen und heimlich über die Mauer geklettert, um in der Altstadt zu tanzen“, lacht er. Nach dem Studiumbewarb der motivierte Absolvent sich in allen Antiquitätenhandlungen in Münster, ohne Erfolg. „In dieser Branche lässt sich keiner in die Karten gucken, vor allem nicht von jungen, neuen Leuten. Man ist quasi gezwungen, sich selbständig zu machen“, erklärt der 49-jährige Händler seinen Werdegang. Erste Berührungspunkte mit Trödel machte er mit Entrümpelungen und Haushaltsauflösungen, die ihm sein Studium und Leben finanzierten. „Bei meiner ersten Entrümpelung lag noch das Schnitzel in der Pfanne, im Kühlschrank stand noch Orangensaft. Und dann vernichtet man einfach diese Wohnung mit all ihren Gegenständen. Alles wird weggeschmissen und immer neuer Müll produziert, obwohl die Nachmieter doch die Deckenlampen weiter benutzen könnten“, kam Meyer ins Grübeln. Abends ließ er sich dann die Dosensuppen aus der Abstellkammer der entrümpelten Wohnungen schmecken und wenn die Schuhgröße der Vorbesitzer stimmte, dann gab es für den jungen Studenten auch mal ein paar neue Schuhe.

Auktionshammer Foto: Peter Leßmann
Das hölzerne Herzstück der Auktion: Mit dem Klopfen des Auktionshammers wird der Zuschlag erteilt.

EIN TRAUM VON SELTENEN SCHÄTZEN

Vom Ehrgeiz gepackt, wollte er sein lang erlerntes Fachwissen anwenden und beweisen, dass sich die trockene Wissenschaft der Kunst vielseitiger anwenden lässt. Den Traum von seltenen Antiquitätenschätzen immer im Hinterkopf, gründete er mit einem Freund den ersten Trödelladen und verkaufte nebenbei Kunst auf Flohmärkten. Mittlerweile leitet er nicht nur die 900 Quadratmeter große Auktionshalle, sondern auch seinen eigenen Antiquitätenladen in der Hörsterstraße an der Promenade. Dort überraschte ihn 2016 ein Redakteur der beliebten ZDF-Serie „Bares für Rares“, durch die der münstersche Antiquitätenhändler mit seiner ruhigen und lustigen Art als TV-Händler zum Publikumsliebling wurde. Sein Traum von unentdeckten Schätzen ist wahr geworden. „Egal, ob an einem Objekt vorher 5,50 oder 500 Euro dran steht, ich kann Ihnen ganz genau sagen, was das Objekt am Ende bringen wird. Und das Ganze nur mit visueller Auseinandersetzung“, erklärt Meyer. Durch die Kombination aus Händler und Wissenschaftler entwickelte sich bei ihm ein spezielles „Augengefühl“. „Ähnlich wie das Bauchgefühl, nur eben durch die Augen“, erklärter diese Eigenschaft. „Ich weiß innerhalb von einer Sekunde, aus welchem Zeitalter ein Bild ist. Meine Augen wissen das, leiten das Visuelle an die richtigen Stellen im Kopf und ordnen das Bild ein.“ Mit jedem Objekt knackt er ein kleines oder großes Rätsel. Um seine Einschätzung dann zu beweisen, muss genau hingeschaut, wenn nötig auseinandergeschraubt, und Materialien und Oberflächen müssen analysiert werden.

Auktionshaus von Daniel Meyer Foto: Daniel Meyer Antiquitäten & Auktionen
Der Blick in die gut gefüllte Schatzhalle lässt das Sammlerherz höher schlagen. Hier kann sich so mancher stundenlang beim Stöbern verlieren.

NERVENKITZEL UNTERM HAMMER

Alle vier Monate findet eine zweitägige Kunst- und Antiquitätenauktion mit zahlreichen Saalbietern statt, die um die Wette bieten. Verschärft wird die Konkurrenz durch externe Gebote, die aufgrund einer Live-Übertragung der Auktion per Internet und Telefon reinflattern. So geht das ein- oder andere Stück dann auch nach Vietnam, Großbritannien oder in die Niederlande, wo fachkundige Sammler und Experten die besonderen Objekte von Daniel Meyer immer im Blick haben. Wenn der Hammer mit Schwung auf den massiven Holztisch fällt, hat Daniel Meyer „Zum Ersten, zum Zweiten, …zum Dritten!“ an das höchste Gebot verkauft. Ab 100.000 Euro schlägt sein Herz am höchsten, scherzt er, dennoch steht das Geld für ihn hier nicht im Vordergrund. „Ich fiebere mit den Objekten mit und bin hinterher heilfroh, wenn die Stücke ihre Wertschätzung erfahren“, erklärt der Auktionator. Nervenkitzel bereitet ihm dabei die plötzliche Wertsteigerung, wenn er durch akribische Detektivarbeit die Geschichte des Objektes herausgefunden hat. „In einem Haushalt wurde eine alte Dose entdeckt, keiner wusste, woher der Opa die mal angeschleppt hat. Die Familie wollte, dass ich das Ding für 200 Euro verkaufe. Rausgestellt hat sich dann, dass die Dose aus der chinesischen Ming-Dynastie stammt und im Pekinger Museum die gleiche zu bestaunen ist. Die außergewöhnliche Dose ging dann für 60.000 Euro über den Tisch“, erzählt Daniel Meyer schmunzelnd. In diesen Momenten habe er seinen Job richtig gemacht.

Gerahmte Bilder im Auktionshaus von Daniel Meyer Foto: Peter Leßmann

CHAOS AN DER TAGESORDNUNG

Ziemlich mitgenommene Kartons mit der Aufschrift „Bio-Eier“ stehen unscheinbar gestapelt neben dem Auktionstisch.„Das ist alles voller Jade“, sagt Meyer beiläufig. Und so geht es weiter: Für den Laien chaotisch zusammengewürfelte Gegenstände entpuppen sich als absolute Schätze. Der Auktionator weiß ganz genau, wo sich was befindet. Das sei kein Chaos, sagt er, sondern die Normalität, wenn man mit Antiquitäten handele. Etwa 5.000 Objekte werdenhier im Jahr eingeschätzt, katalogisiert und in der Halle oder im Laden ausgestellt, um den richtigen Käufer zu finden. All diese Gegenstände müssen dafür an dem Vorraum der Auktionshalle vorbei, der zugleich als Büro mit drei Schreibtischen funktioniert. Bei unserem Besuch verschwinden diese Arbeitsplätze jedoch unter originalverpackten Eisenbahnmodellen. „Eine riesengroße Sammlung, die in Freckenhorst eigentlich ein Museum hätte werden sollen“, erzählt Meyer im Vorbeigehen. Jetzt obliegt ihm die Aufgabe, neue Tüftler und Sammler dafür zu finden. Der Auktionator ist bei den Münsteranern sehr beliebt. Auf demWeg in die benachbarten Lagerhallen hält ihm ein befreundeter Einlieferer einen Karton mit Silber unter die Nase. Ein kurzer Blick, Daniel Meyer überlegt nicht lange. „Das ist schön, können wir verkaufen. Ich denke: 100 Euro“, und die Verhandlung ist abgeschlossen. Am Eingang wartet ein altes Ehepaar, die Frau klammert einen weißen Jutebeutel unter dem Arm. „Herr Meyer, wir haben hier alten Schmuck, können Sie den einschätzen?“. Das Paar muss aber auf das spannende Ergebnis warten, denn Daniel Meyers Weg führt erst einmal in eine dunkle Lagerhalle. Alte Möbel stapeln sich bis zur Decke. Wer behält denn hier den Überblick? Meyer kann jedes einzelne Möbelstück benennen. „Das hier kommt aus ‚Bares für Rares'... Brauchen Sie noch einen Barockschrank für 1.000 Euro? Das hier ist einealte Leichenwagen-Kutsche. Oh, hier stehen die Tempeltüren aus China, 17. Jahrhundert“, fachsimpelt er vor sich hin.

Daniel Meyer mit einer ausgebauten Eisenuhr Foto: Peter Leßmann
Tüfteln und Einschätzen...
Alte Registrierkasse Foto: Peter Leßmann
Eine ausgebaute Eisenuhr und eine mechanische Registrierkasse warten auf ihre Versteigerung bei der nächsten Auktion.

LIEBLINGE UND RARITÄTEN

Besonders spannend sind natürlich schwierig zu lösende Rätsel, wenn niemand weiß, woher das Objekt stammt. Auch wenn der fachkundige Auktionator mittlerweile auf alle Antiquitäten spezialisiert ist, bleiben Kunst und Malerei sein Steckenpferd. „Damit verdiene ich am wenigsten Geld, aber es interessiert mich am meisten“, erklärt er seine Leidenschaft. Geld ließe sich am leichtesten mit Dingen verdienen, die für andere gut nachvollziehbar und vor allem messbar sind. „Industriedesign, Porzellanmarken, Silber, Gold und Schmuck sind stark messbar und weniger abhängig von Interpretationen. Das lässt sich im Handel besser kalkulieren“, so Meyer. Die Schönheit der Kunst liegt wortwörtlich im Auge des Betrachters – entweder man mag ein Bild oder nicht. Fachliche Unterstützung findet der Auktionator bei hartnäckigen Kunstfällen im Archäologischen Museum für Kunst und Kunsthandwerk am Domplatz. Das Interesse für spannende Kunstobjekte ist auf beiden Seiten groß. Viele von Meyers ersteigerten Gemälden müssen vor dem Verkauf jedoch restauriert und aufbereitet werden. Manchmal reicht auch nur ein neuer Rahmen, der dem Jahrhundert des Bildes optisch entspricht. Mit verschiedenen Restauratoren aus seinem Netzwerk werden alte Kunstschätze wieder zu neuem Glanz gebracht – Kratzer, Löcher oder Verschmutzungen verschwinden. Der Anspruch des Antiquitätenhändlers ist dabei sehr hoch. „Ich muss den Dingen, mit denen ich handle, gerecht werden. Außerdem sind die Sammler und Interessenten heutzutage Experten auf ihrem Gebiet, da muss jede Information sitzen“, betont Meyer. Im kommenden März haben Münsteranerinnen und Münsteraner wieder die Möglichkeit sich selbst ein Bild von der Goldgräberstimmung im Auktionshaus zu machen und den Nervenkitzel in Roxel hautnah mitzuerleben. 

Den aktuellen Auktionskatalog und Termine finden Sie hier

Instagram: @auktionenmeyer

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