Restaurants
Lecker durchgestartet: Gustav Grün
Zuerst erschienen in der Münster Urban #14 (September 2019). Seither eröffnete ein zweiter Gustav Grün-Standort am Neutor.
Eigentlich fing alles mit bunt belegten Waffeln an. Und die wiederum waren eine studentische Idee. Die Brüder Kerim (damals im Studium der Kommunikationswissenschaften in Wien) und Anton (zeitgleich BWL Student in Münster) wollten Praxiserfahrung sammeln, konnten sich aber keine Praxissemester oder unbezahlten Praktika leisten, da sie ihr Studium jeweils mit Jobs in der Gastronomie finanzierten – unverzichtbar für den Lebensunterhalt. Also zählten sie „eins und eins zusammen“ und „bastelten sich ihre Praxiserfahrung einfach selbst“. Sie gründeten die „Waffelschmiede“ im Aegidiimarkt, ließen all ihr im Studium erlangtes Wissen einfließen und ackerten (für Kerim sogar mit regelmäßigem Pendeln von Wien nach Münster verbunden) in jeder freien oder nicht freien Minuten an ihrem Waffelkonzept, an Optimierungen, Zielgruppenansprache und Gewinn- und Verlustrechnung. Der Plan ging auf. Die Waffelschmiede ist in Münster eine feste Größe, Kerim und Anton hatten sich ihr bezahltes Praktikum „mit Mehrwert“ selbst geschaffen. Mutig? „Selbst wenn wir es vor die Wand gefahren hätten: Wir leben in Deutschland! Das Risiko war überschaubar. Außerdem haben wir alles selbst gemacht: Einrichtung gebaut, Social Media Konzepte entwickelt, Teig gerührt ... ,“ erinnert sich Kerim.
Raus aus der versteckten Ecke des Aegidiimarkts und rein in die nächste Herausforderung hieß es dann mit einem zweiten Waffelschmiede Spot an der Wolbecker Straße. Hier ging was! „An der Wolbecker“ waren viele junge Leute unterwegs, offen für neue Foodkonzepte, interessiert an Internationalem. Jetzt ist die Zeit reif für „Gustav Grün“ – dachten sich Kerim und Anton und probierten das Gastro-Konzept, das bei ihnen schon in der Schublade schlummerte, in der Sommerpause der neuen Waffelschmiede auf der Foodmeile Wolbecker Straße einfach aus. Konzeptionell war Kerim hier der Treiber: Er hatte in Wien im Zweiten Bezirk die gastronomische Vielfalt mit ihren südöstlichen Akzentuierungen kennen und lieben gelernt. X Sorten Hummus! Falafel! Regionale Gemüsevielfalt! Gutes Essen, sättigend aber nicht schwer, gesund, vegetarisch, lecker. Gustav Grün (benannt übrigens nach einem Bremer Spielplatz Kiez, wo Anton und Kerim aufwuchsen) schlug ein, als hätten die Münsteraner darauf gewartet. Es blieb also nicht bei dem Sommertest im Waffellokal.
Gustav Grün blieb – und ist heute sogar an zwei Standorten an der Wolbecker Straße und der Wilhelmstraße erfolgreich. Und ist mit einem ersten Franchisenehmer in Paderborn auch über die Grenzen der Stadt hinaus auf Expansionskurs. Auf gesunde Weise natürlich, in jeder Hinsicht. Das multidisziplinäre Team rund um Anton, Kerim, Aaron, Greta, Lea, Amin, Danish und ihre Kolleginnen und Kollegen steuert die Betriebe in Münster, hilft aber auch den Paderbornern auf die Sprünge – bis hin zur Lieferung der unbeschreiblich leckeren Hummusvielfalt. Das Erfolgsrezept: Zum Beispiel, dass die studierten Ökotrophologen Greta und Aaron für Exzellenz und Qualitätsmanagement rund um die Frische und Vielfalt sorgen. Sie entwickeln ständig neue Rezepte auf Basis ihres Fachwissens. Und ihnen ist es wichtig, dass keine Lebensmittel verworfen werden müssen. Das erfordert exakte Planung und Lagerhaltung, extreme Umsicht beim Einkauf und auch Flexibilität: Die Produktprüfung ließe sich nicht von Maschinen oder künstlicher Intelligenz ersetzen. Das will hier übrigens auch keiner, denn menschliches Miteinander gehört eh zum Konzept. Wer einmal bei Gustav Grün seine Box, seinen Rollo, die Falafel oder Kartoffelecken mit Hummus bestellt hat, weiß, wovon wir sprechen. Ein Familienunternehmen, nicht nur wegen der Brüder, die es gegründet haben. Auch wegen der familiären Stimmung im Team und – jetzt kommt’s – wegen der freundschaftlichen Kommunikation auch über die Bedientheke hinweg. Das schrankenlos Freundliche passt ganz besonders gut zu dem bewährten Baukastensystem der Speisen, denn hier ist Kommunikation gefragt. Klar, wir können uns auch einfach den „Feuerwehrmann“ oder den „Langzeitstudenten“ (so heißen zwei der Gerichte) bestellen, aber das individuelle Zusammenstellen der Köstlichkeiten ist noch kommunikativer. Durch die Möglichkeit, hier auch Käse zu wählen, ist die Speisenauswahl bei Gustav Grün nicht 100 %, sondern „nur“ 98 % vegan. Das ist aber auch gar nicht der Anspruch. Vielmehr geht es bei der Rezeptentwicklung und Zusammenstellung des Sortiments darum, gesunde, sättigende Speisen anzubieten, die nicht belasten und dafür sorgen, dass wir nach dem Genuss leistungsfähig sind und bleiben. Mittagsloch adé, Tschüss Foodkoma. Willkommen Fitness und Yummi!
Apropos Fitness: Ruhepausen in Form von Schließtagen gibt es nicht bei Gustav Grün – denn das ernsthaft ausgelobte Ziel keine Lebensmittel wegwerfen zu wollen, erfordert sieben Tage durchgängige Verarbeitung der Rohstoffe, sechs Tage pro Woche Einkauf des frischen Gemüses. Ein freier Tag würde hier alles aus dem Lot bringen. Das Baukastenprinzip ist der Schlüssel und ermöglicht auch saisonale Highlights: Wer einmal den geraspelten Rotkohl mit Zimtnote in seiner Gustav Grün Box hatte, der freut sich schon jetzt wieder auf den Winter. Und dann diese Toppings! Oliven-, Erdnuss-, oder Chilihummus, Avocado-Sesam-Sauce, Mangochutney. Linsencreme ... und der Möhrensalat mit Granatapfelkernen! Die veritablen Geschmacksexplosionen treffen auf die Offenheit der Münsteraner und auf die Lust, sich gesund und lecker zu ernähren. Das betrifft übrigens nicht nur junge Menschen. Uns gefällt etwa die Geschichte der älteren Dame, die einmal in der Woche kommt und sich mit Rollos (durchgeschnitten, zum Einfrieren zuhause) bevorratet („Ich kann nicht mehr so oft zu Euch laufen, mag Euer Essen aber so gerne!“). Ihr kommt genauso wie den Studenten das Preisgefüge entgegen, denn bei Gustav Grün kann sich jeder für sechs oder sieben Euro richtig köstlich und superfrisch satt essen. Mit einem wohligen Gefühl im Magen, das anhält, aber nicht umhaut, da die Zutaten gut gewählt und die Zusammenstellungen bekömmlich sind. Und das haben eben nicht nur Ernährungsbewusste, Sportler, Vegetarier und Ausprobierer für sich entdeckt, sondern auch alle Facetten der münsterschen Bevölkerung, vom Studi bis zu seinem Prof, vom Azubi bis zum Opi. „Wir haben dankbare Gäste,“ konstatiert Aaron, der zwar als Ökotrophologe viel hinter den Kulissen, immer aber auch in den Lokalen an Wilhelmstraße und Wolbecker Straße aktiv ist. Überhaupt ist hoher Personaleinsatz ein Schlüssel des Konzepts, denn „Wir möchten unseren Kunden ihr zukünftiges Lieblingsessen in Ruhe erklären und gewissenhaft zusammenstellen“, erläutert Kerim. Und dieser Kontakt geht bis zu dem Punkt, wo die Gustav Grün Mitarbeiter auch persönlich wieder das Geschirr entgegen nehmen und hier abfragen können, ob es gut geschmeckt hat. Imbiss ja, Anonymität nein. Denn so entstehen Beziehungen, die unverwechselbar und auf Dauer angelegt sind. Die Stammgastquote ist hoch. Sehr hoch. „Die Münsteraner sind bewusste Genießer, sie haben eine Meinung, einen Anspruch an ihre Ernährung und wählen ihre Ziele bewusst und besonnen aus“, weiß Kerim, der uns mit Aaron zum Interview in der Münster Urban Redaktion besuchte. Dazu passt auch das Gustav Grün Nachhaltigkeitskonzept in Bezug auf die Verpackungen für die Take Aways besonders gut und wird von den Kunden gewertschätzt: Alle Boxen, Papiere, Holzbestecke und Servietten sind komplett kompostierbar, auf Alu und Plastik wird konsequent verzichtet. Grün halt. Gustav Grün.