Kunst & Kultur
kaffee und kunst mit mehrwert
Das Fyal am Geisbergweg – und damit in direkter Nachbarschaft des Prinzipalmarkts – ist den meisten Münsteranern wohl als Café und Bar bekannt. Doch im Fyal gibt es nicht nur heißen Cappuccino und kühlen Aperol Spritz. Jeden Monat findet hier eine Vernissage statt, die eine neue Kunstausstellung eröffnet. Junge Nachwuchstalente und auch bekanntere Künstler präsentieren hier ihre Werke. Aber nicht nur die Kombination aus Kaffee und Kunstwerken hebt das Fyal von anderen Kunststätten ab. Das Fyal versteht sich als Spendengalerie: Von jedem verkauften Bild wird ein festgelegter Teil des Erlöses an einen gemeinnützigen Verein gespendet. Auf eine Vermittlungspauschale verzichtet das Fyal. Mit diesem Konzept bildet es eine spannende Ergänzung zu den klassischen Kunst- und Kulturinstitutionen rund um den Prinzipalmarkt.
Was viele Besucher des Fyals nicht wissen: Kunst gehörte hier von Anfang an zum Konzept. Das Fyal entstand, als der dänische Künstler Kristian Hornsleth im Rahmen der Skulptur Projekte 2007 in der Location seine Werke ausstellte. Seine Ausstellung mit dem Titel Fuck You Art Lovers ging vorüber – aber das dafür entstandene Pop-up-Café blieb und übernahm als Namen die Anfangsbuchstaben des Ausstellungstitels: FYAL. Neben leckeren Drinks gab es also im Fyal immer auch schon künstlerische Kreationen zu bestaunen. Das Spendenkonzept jedoch führte erst Ole Oelkers ein, als er 2019 die Betriebsleitung übernahm. Gutes tun durch Kunst – das ist seine Mission.
Und das sieht so aus: Jedes Jahr haben zwölf verschiedene Künstler die Chance, ihre Werke im Fyal zu präsentieren und zu verkaufen. In der Regel wird an jedem ersten Freitag des Monats eine neue Aus- stellung eröffnet – abwechselnd „oben“ im Erdgeschoss und „unten“ im Keller des Fyals, sodass jede Ausstellung zwei Monate lang präsentiert werden kann. Von jedem verkauften Werk werden mindestens 20 Prozent der Einnahmen an gemeinnützige Projekte gespendet – dazu verpflichten sich die Künstler, wenn sie im Fyal ausstellen wollen. Unter ihnen sind Nachwuchstalente von der Kunstakademie und Design-Studierende von der Fachhochschule, aber auch etablierte Künstler wie etwa Dieter Nusbaum. Street-Art-Künstler Volker Heisener (auch bekannt als „Goldener Reiter“), der für seine Graffiti-Kunst in Paderborn bereits mit dem städtischen Kulturpreis ausgezeichnet wurde, präsentierte seine Werke in diesem Jahr ebenfalls im Fyal.
Wessen Kunst im Fyal gezeigt wird, entscheidet Ole in einem Arbeitskreis mit seinen Kollegen, die teilweise selbst aus der Kunstszene kommen. Beim Kuratieren der Ausstellungen gilt: „Die Kunst muss zum Laden und seiner Atmosphäre passen und darf ruhig gesellschaftskritisch sein. Aber auch menschlich muss es mit den Künstlern harmonieren“, so Ole. Von Bleistiftzeichnungen über großformatige Acrylmalereien bis hin zu experimentellen Techniken, Installationen und Skulpturen konnten Besucher im Fyal schon verschiedenste Kunstformen bewundern.
„Die Kunst muss zum Laden und seiner Atmosphäre passen und darf ruhig gesellschaftskritisch sein. Aber auch menschlich muss es mit den Künstlern harmonieren.“
Der gemeinnützige Hintergrund zeigt sich übrigens nicht nur an den anteiligen Spenden der Erlöse, sondern teilweise auch an der Kunst selbst. So stellte das Fyal unter dem Titel Von Angesicht zu An- gesicht etwa bereits Porträts von Menschen in Afghanistan aus, die der Künstler Machmut in seinem afghanischen Heimatdorf Sinha schoss und damit die bewegten Lebensgeschichten der Bewohner erzählte. Von dem kompletten Gewinn aus den Verkäufen wurden in Afghanistan zwei Brunnen subventioniert und über tausend Apfelbäume gepflanzt. Viele der im Fyal ausstellenden Künstler haben also durch das Thema ihrer Kunst schon eine klare Vorstellung davon, wohin die Spenden gehen sollen. Wenn das nicht der Fall ist, hat das Fyal einige Ideen in petto: Ole und sein Team kooperieren mit verschiedenen münsterschen Vereinen, an die sie die Künstler gerne vermitteln – darunter etwa der Verein Musicamento Equador, der Menschen mit Beeinträchtigung in Ecuador Teilhabe durch Musiktherapie ermöglicht. Auch mit Pan y Arte organisierte das Fyal schon eine Ausstellung, aus deren Erlösen Schulmaterialien für Kinder in Nicaragua gekauft werden konnten.
Von einer klassischen Galerie hebt sich das Fyal nicht nur durch sein Spendenkonzept, sondern auch durch die Präsentationsform ab: Die Werke hängen nicht perfekt ausgestrahlt an cleanen weißen Wänden, sondern wirken mit dem Raum, dem Ambiente und den Gästen zusammen. Das Fyal versteht sich übrigens nicht als Konkurrenz zu den anderen Galerien rund um den Prinzipalmarkt. „Wir haben einfach eine andere Herangehensweise“, stellt Ole klar. Die äußert sich auch darin, dass das Fyal eben nicht nur etablierten Künstlern, sondern auch jungen Talenten eine Chance geben möchte, ihre Kunst nach außen zu tragen. Mit einer Ausstellung im Fyal können sie sich ausprobieren und lernen, sich und ihre Kunst im öffentlichen Raum zu repräsentieren. Von dem offenen und experimentierfreudigen Konzept des Fyals profitieren auch die Empfänger der Kunst: Großformatige Werke sind hier oft schon für dreistellige Beträge zu haben. Für junge Kunstliebhaber ohne großes Budget eine tolle Möglichkeit, sich ein Lieblingsstück für das eigene Heim leisten zu können.
Inzwischen hat sich bei einigen kunstinteressierten Münsteranern herumgesprochen, dass das Fyal mehr ist als nur Café und Bar. Zu den monatlichen Vernissagen kommen viele Menschen ganz gezielt, um die neuen Ausstellungen kennenzulernen. Es gibt aber auch Gäste, die das Fyal nur als Gastronomie nutzen und die Kunst an den Wänden gar nicht wahrnehmen. „Ehrlich gesagt ging es mir selbst genauso, als ich in meiner Studienzeit als Gast hier war“, gesteht Ole lachend. Dabei sorgen die wechselnden Ausstellungen dafür, dass das Fyal immer wieder anders aussieht und jeden Monat in neuem Glanz erstrahlt. Um diese vielen Gesichter des Lokals für die Ewigkeit festzuhalten, möchte Ole in diesem Jahr erstmals einen Jahresrückblick in Buchform produzieren. Solch ein Kunstdruck soll die Ausstellungen noch einmal wirken lassen und durch Hintergrundinformationen ergänzen. Auch soll in dem Rückblick beziffert werden, was insgesamt an Spenden zusammengekommen ist. Beim Verkauf des Buchs gilt natürlich das gleiche Konzept wie bei der Kunst selbst: Mindestens 20 Prozent der Einnahmen werden an einen gemeinnützigen Verein gespendet. Kunst mit Mehrwert – dieses Ziel fließt unverkennbar durch die DNA des Fyals. Schön, dass es mit seinem spannenden Konzept die Kunstszene des Prinzipalmarkts in direkter Nachbarschaft bereichert.