Kirche in Nottuln
Foto: Cornelia Höchstetter

Mit dem Fahrrad

KIRCHE, KURIEN, KIRMES

Erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 118 (November 2022)

Um den Heiligen St. Martin ranken viele Legenden: Über den Bischof Martin, der sich im Gänsestall versteckte und der von deren Schnattern verraten wurde – als Dank dafür landet heute noch manche Gans am Martinstag im Bräter. Oder über den St. Martin hoch zu Ross, der einem Bettler seinen Mantel schenkt – Jahr für Jahr besingen das die Kinder mit der Laterne. Wenn in Nottuln der Heilige Martin gefeiert wird, dann deshalb, weil er der Patron der großen Stiftskirche aus Baumberger Sandstein, mitten im Ort, ist. Seit 400 Jahren verwandelt sich Nottuln deshalb mit seinem Martinimarkt zwischen Anfang und Mitte November in der Ortsmitte in ein großes Volksfest. 

Ein Grund mehr, Nottuln zu besuchen und so einiges über dessen Historie zu erfahren. Im Mittelpunkt des Ortes und der Kirmes steht die Kirche, die den Namen des Heiligen Martin von Tours trägt. Christian Wermert ist in Nottuln für Tourismus und Marketing zuständig und schwärmt: „Unsere Pfarr- und Stiftskirche St. Martinus ist eine der schönsten Hallenkirchen der Region“ – nicht zu vergessen natürlich die St. Lambertikirche in Münster!

Stiftsbrunnen aus Bamberger Sandstein in Nottuln Foto: Cornelia Höchstetter
Westfälische Sinfonie: Der Stiftsbrunnen aus Baumberger Sandstein ...
Aschebergsche Kurie in Nottuln Foto: Cornelia Höchstetter
... die Aschebergsche Kurie (Wohnsitz der letzten Äbtissin) mit dem Schlaun-Standbild ...
Ehemaliger Kirchhofspeicher in Nottuln Foto: Cornelia Höchstetter
... und das dreigeschossige Gebäude aus dem 17./18. Jahrhundert, damals der Kirchhofspeicher.

Nottuln und Münster haben so einiges gemeinsam: Die Urpfarrkirche St. Martinus in Nottuln wurde im neunten Jahrhundert gegründet. Genauer im Jahr 860, das ist der Beginn der Nottulner Klosteranlagen des Damenstifts. Wenige Jahrzehnte später als Bischof Liudger das Bistum Münster im Jahr 805 weihte. Jahrhunderte später bekam Nottuln etwas, was Münster nicht hat: eine Ortsmitte, aus einem Guss geplant vom westfälischen Super-Baumeister Schlaun, und zumindest grob so umgesetzt. Dem ging ein schlimmes Ereignis voran: der große Brand im Jahr 1748. Fast der ganze Ort mit rund 240 Gebäuden und Teile der Kirche waren zerstört. Wenige Tage später soll Schlaun bereits in Nottuln eingetroffen sein, mit dem Auftrag, den Ort wieder neu aufzubauen. „So kam es, dass Nottuln heute noch den historischen Ortskern hat, der einer einzigartigen barocken Gesamtplanung entspringt“, erzählt Christian Wermert. Einiges ist noch übrig, prägend sind die Allee, die Kirche, der Schlaun ein Zwiebeltürmchen samt Wetterhahn in Barockart aufsetzte, sowie die vier Kurien der Stiftsdamen. „Die Stiftsdamen wohnten etwas luxuriöser als ihre Kolleginnen im Kloster – in Nottuln hatte jede Stiftsdame ihr eigenes Haus“, sagt Christian Wermert. „Jeder Raum hatte einen Kamin und jede Etage eine Toilette!“

Radfahrerin zwischen Nottuln und Darup Foto: Cornelia Höchstetter
Von Nottuln nach Darup finden Radfahrer echte Bergaufstrecken.

Gegenüber der Kirche, vor der Aschebergschen Kurie, steht Baumeister Schlaun als Bronzefigur, gestaltet vom münsterschen Bildhauer Rudolph Breilmann. Hinter Schlaun ertönt mehrmals am Tag, etwa um um 10.10 Uhr, um 12.10 Uhr und um 14.15 Uhr, ein Glockenspiel. Das 16-stimmige Bronzeglockenspiel an der Giebelwand schenkte der Heimatverein im Jahr 2004 der Gemeinde Nottuln, auch dank Spenden aus der heimischen Geschäftswelt. Die Glocken selbst stammen aus der Glockengießerei Petit & Gebrüder Edelbrock aus Gescher. Die Kurie ist „typisch Schlaun“ gebaut aus dem Mix von rotem Klinker mit hellem Sandstein.

Nottuln liegt in den Baumbergen, ungewohnt hügelig für das Münsterland. Der Baumberger Kalksandstein wird dort seit Jahrhunderten abgebaut, war und ist heute noch ein Exportgut. Bauwerke wie die St. Martinus Kirche in Nottuln sind aus dem gelbbeigen Stein errichtet.

Martinimarkt in Nottuln Foto: Christian Wermert/Nottuln
Bis in die 1960er Jahre gehörte der Martinimarkt zu den wichtigsten Terminen im bäuerlichen Wirtschaftsjahr des Münsterlandes – heute überwiegt das Vergnügen.
Martinimarkt in Nottuln Foto: Christian Wermert/Nottuln
Im Riesenrad drin eine Aussicht übers Münsterland, von außen nachts ein leuchtender Blickpunkt.
Historisches Gebäude in Nottuln Foto: Cornelia Höchstetter
Nicht nur die Kirmes, sondern auch der Anblick der historischen Gebäude macht einen Besuch in Nottuln zum Vergnügen.

Nicht ganz so alt, aber immerhin 400 Jahre alt ist der Martinimarkt, der sich auch über den Ortsbrand retten konnte. So findet er seit 1622 jedes Jahr Anfang November statt. In der Ortschronik ist von dessen Bedeutung zu lesen, so etwa in den 1930er Jahren: Damals soll er bezüglich Größe und Verkaufsumsätze mit Märkten vom Range des Mariä-Geburts-Marktes in Telgte vergleichbar gewesen sein. Rund um den Kirchplatz soll Seite an Seite das Großvieh an Ketten angebunden zum Verkauf gestanden sein. „Die Gründung des Martinimarkts war im 17. Jahrhundert schon so etwas wie eine Wirtschaftsförderungsmaßnahme“, erklärt Christian Wermert. Die Landwirte fanden eine Bühne zur Vermarktung, überhaupt wurde gehandelt und die Unterhaltung kam dabei sicher nicht zu kurz.

Heute finden die Besucher des Martinimarkts rund 150 Stände von Krämern, Handwerkern, Künstlern. Das örtliche Gewerbe stellt sich vor, Dienstleister, Industriebetriebe, Handwerker sowieso. Zu den Nottulner Traditionsbetrieben gehört seit 1833 die Blaudruckerei Kentrup. Für die Volksfeststimmung sorgen rund 30 Schausteller und Aussteller mit Buden und Fahrgeschäften. Auch das Kunsthandwerkerdorf präsentiert sich wie immer auf dem Kirchplatz. Zum Martinimarkt sprudelt dann das Leben wie das Wasser aus dem Stiftsbrunnen aus Sandstein. Wie heißt es in dem Kinderlied: St. Martin war ein guter Mann ...

Martinimarkt bei Nacht in Nottuln Foto: Christian Wermert/Nottuln
Die Gründung des Martinimarkts war im 17. Jahrhundert schon so etwas wie eine Wirtschaftsförderungsmaßnahme", so Christian Wermert.

UNSER TOURENVORSCHLAG: Vom Stift Nottuln zum Kloster Gerleve

Die Rundtour ist eine kleine Herausforderung an die Radlerwaden – oder an die Unterstützung per E-Motor. Dafür kann man sich während des Martinimarktes in Nottuln vorher und nachher stärken. Die Tour geht münsterländisch ungewöhnlich viel bergauf bergab – bietet dafür immer wieder herrliche Aussichten.

AUSGANGS-UNDZIELPUNKT: Nottuln, Stiftsmarkt

LÄNGE: etwa 30 Kilometer

REINE FAHRTZEIT: zwei bis drei Stunden

EINKEHRMÖGLICHKEITEN: Nottuln und Kloster Gerleve 

MARKIERTE WEGE: 100­-Schlösser­-Route, Sandsteinroute. Nach den neuen Knotenpunkten auf der ADFC Regionalkarte Münsterland: Start bei 54, 53, 27, 26, 7, 23, 22, 58, 57

Karte Fahrradtour Nottuln Foto: H&C

Start ist am Stiftsplatz, über den Twialf­-Lampen-­Hok rechts auf die Heri­burgstraße, dann links auf den Uphovener Weg ortsauswärts den Anstieg hoch, über die Brücke der B 525. An der Kreuzung, an der rechter Hand das sandsteinerne Wegkreuz steht (53), biegen wir links ab und folgen dem Weg bzw. dem Schild mit dem roten Fahrrad Richtung „Draum“. Rechts kurz auf der querenden Hauptsstraße bleiben, dann links in das Wäldchen hinein. Vorbei an einem bezaubernden Gehöft, dem Weg erst geradeaus, dann ab Knotenpunkt (26) leicht rechts wendend folgen, bis es links ab geht in den Napoleonweg. Die Schilder zeigen die 100-Schlösser-Route und die Sandsteinroute an. (Wer sich vorher für eine kurze Runde entschließt, kann zuvor links in die Billerbecker Straße einbiegen, die Aussicht übers Land genießen, nach Darup bergab fahren und von dort den Radweg an der Hauptstraße zurück nach Nottuln nehmen). Alle anderen radeln den Napoleonweg weiter bis zum Knotenpunkt (7), dort leicht links und weiter, bis die Hauptstraße kreuzt, diese überqueren und den Schildern der Sandsteinroute folgen (23 und 22) bis zur Benediktinerabtei Gerleve. Dort bietet sich eine Pause an, mit Besichtigung der Klosterkirche und einer Einkehr ins Café, wo es selbst­ gebackenen Kuchen gibt – und einen Klostershop mit weiteren Leckereien aus dem Kloster. Zum Rückweg lässt man das Kloster hinter sich, überquert die B 525 und folgt der 100-Schlösser-Route bis zu einer T­-Kreuzung (58) des Radweges, dort links durch ein Waldstück, links raus aus dem Wald, gleich wieder rechts und wieder links, zur Straße L 580. Diese queren, dem Rad­ weg an der nächsten kleinen Kreuzung rechts folgen, Richtung Gladbeck und Knotenpunkt (57) . Ab hier die ausgeschilderten Radwege verlassen und den Weg nach Nottuln über die Roruper Straße nach und durch Darup fah­ren, dort den Radweg wählen, der die Hauptstraße nach Nottuln begleitet.

Abtei Gerleve von oben Foto: Medienflotte/Joachim Albrecht

Weitere Infos finden Sie auf der Homepage der Gemeinde Nottuln und der Abtei Gerleve

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