Künstlerin Claudia Landwehr arbeitet voller Dynamik Künstlerin Claudia Landwehr arbeitet voller Dynamik
Foto: Anna Roters

Menschen

Energetische Kraftfelder

erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 100 (März 2021)

Die Wurzeln ihrer künstlerischen Ausbildung liegen in Hamburg. An der Kunstschule Alsterdamm (heute: Alsterdamm School of Visual Arts) studierte Claudia Landwehr vor etwa 30 Jahren Grafik Design. Das Portfolio der erlernten Techniken und Fähigkeiten war breit: „Jede Woche stand da ein Aktmodell für uns, wir analysierten in der Kunsthalle die Alten Meister, beschäftigen uns mit Typographie, entwickelten Kataloggestaltungen und, und, und ...“, erzählt Claudia Landwehr weit zurückblickend. Und mit diesem differenzierten Blick und Erfahrungsschatz näherte sich die gebürtige Osnabrückerin dem Thema Kunst unter anderem auch über die formale Gestaltung – inklusive einiger prägender Jahre in Hamburger Werbeagenturen.

Buntes Bild von Claudia Landwehr Foto: Anna Roters
Die Bewegungsunschärfe spricht für sich: Die Künstlerin Claudia Landwehr arbeitet voller Dynamik und Ausdauer an ihren Werken.
Claudia Landwehr Foto: Anna Roters
„Der Prozess der Malerei fesselt mich. Vielleicht so, wie Leserinnen und Leser es bei einem spannenden Buch kennen. Man möchte sich weiter vertiefen, sich darin fallen lassen, bis zur letzten Seite, zum letzten Pinselstrich. So empfinde ich es, wenn meine Bilder entstehen.“ Claudia Landwehr

Ihrer tatsächlichen künstlerischen Inspiration folgte Claudia Landwehr dann aber erst ab 1996 und das ganz besonders nach der Geburt ihres dritten Sohnes im Jahr 2004 – inzwischen war sie seit einigen Jahren in Münster angekommen, gereift und voller Lebenserfahrung. Bis zu ihrer ersten Ausstellung dauerte es dann noch ein Weilchen: 2009 fand diese in einer Dependance der Galerie König an Münsters Königsstraße statt – ein Meilenstein, denn erstmals zeigte die bis dahin immer im Verborgenen arbeitende freischaffende Künstlerin ihre Arbeiten einer breiteren Öffentlichkeit.

Viele weitere Ausstellungen folgten, zuletzt unter anderem etwa auf Burg Lüdinghausen (2018), im Landtag NRW in Düsseldorf (2019), in Marbella, Spanien (2019), auf der International Art Fair in Salzburg, Österreich (2019) und der Accessible Art Fair in Brüssel, Belgien (2019). Beachtung findet immer auch die Dauerausstellung in Münsters Kettelerschem Hof an der Königsstraße 51 – diese ist übrigens frei zugänglich für Interessierte.

Werk Ohne Worte Foto: privat
Das abstrakte Werk Ohne Worte spricht seine eigene Sprache.

2020 stagnierte das Ausstellungsgeschehen natürlich – wie fast alles überall in der Welt. Nicht aber lähmte das die Energie der Künstlerin. Im Gegenteil. Ihrem Atelier in der Klausener Straße ist die ständige Beschäftigung mit Pigmenten und Leinwand deutlich anzusehen. Alles ist hier mit Farbspritzern übersät, fast alles jedenfalls. Claudia Landwehr befindet sich in einem ständigen kreativen Prozess. Und diese fortlaufende Dynamik bezieht sich auch auf jedes einzelne Werk.

Gerade die Entstehung der abstrakten und für den Stil der Künstlerin ganz typischen Motive unterliegt einem abwechslungsreichen Fluss der Bewegungen: Sie schießt die Farbe förmlich auf die Leinwand und verdichtet die Motive später nach und nach. Das kann Stunden, Tage, auch mal eine Woche Arbeit erfordern. Und selbst dann dauert es vielleicht noch, bis die Erkenntnis reift, dass das Werk auch tatsächlich „fertig“ und vollkommen ist. „Dann spüre ich plötzlich: Jetzt hat das Bild die Spannung, die ich entwickeln wollte“, erläutert die Künstlerin, deren Werke ihren Weg schon an viele Orte der Welt, unter anderem in die USA, gefunden haben. Die vielleicht größte „Dauerausstellung“ in der Region ist im St. Josefs Stift in Sendenhorst zu finden. Fast zwei Dutzend Bilder bereichern hier den Alltag von Pflegeteam, Patienten und Besuchern. Eine Plattform für Sammler und Kunstinteressierte bietet aber auch der Auftritt auf Instagram – hier folgen auch viele tausend Kilometer entfernt lebende Fans Landwehrs Schaffen.

Scared von Claudia Landwehr Foto: Anna Roters
Wovor fürchtet sie sich wohl? Der Titel Scared lässt auf das Gefühl, nicht aber auf den Auslöser schließen und schenkt so Raum für Interpretationen. Zugleich ist das Werk ein Beweis für die Vielseitigkeit der Künstlerin, die hier für weit mehr als nur für abstrakte Farbpunkte steht.
Wandteppich Foto: privat
Der 320 x 200 cm große Wandteppich ist eines unserer Lieblingsexponate. Sein Titel Bellwald ist nach der Schweizer Gemeinde im Kanton Wallis benannt. Hier schmückte der Teppich noch unbemalt ein Chalet.

Durch eine Galerie vertreten wird Claudia Landwehr nicht. Die vielen Schritte von der Materialbeschaffung über das Fertigen der Keilrahmen und natürlich die Malerei selbst, aber auch die Preisgestaltung, Vermarktung, der Verkauf, die Aufbereitung fürs Shipping und teilweise sogar die Auslieferung nimmt sie selbst in die Hand. Inzwischen übrigens tatkräftig unterstützt durch ihre hochgewachsenen Söhne Carlo (20), Henri (18) und Paulo (16). Volles Programm! „Als Early Bird bin ich morgens nach meinem täglichen Lauf um den Aasee, mal mit, mal ohne Promenade oder Zoowald, schon früh im Atelier anzutreffen“, erzählt Claudia Landwehr: Oft gilt ihr erster Blick dann der Arbeit vom Vortag, die Zwangspause zum Trocknen über Nacht ist dann auch Bewährungsprobe: Wie wirkt das Werk nach Stunden? „Lasse ich die Konturen so diffus? Werde ich hier und da noch konkreter? Oder grundiere ich die komplette Leinwand neu, weil die Aussage einfach nicht das zeigt, was ich von innen nach außen kehren möchte“, fragt sie sich dann und ja, das kommt vor, dass die Arbeit von Tagen komplett unter einer weiteren Schicht verschwindet. Um dann vielleicht bei einem Folgewerk punktuell wieder hervorzutreten – durch die Dreidimensionalität der Struktur oder auch als Farbpunkt. Wer weiß?

Viele von Claudias Landwehrs Bildmotiven lassen Rückbezüge auf ihr Leben erahnen. Titel wie Über dem Horizont, Lost, Sekundenglück, Honey Honey, Aufbruch und Freedom deuten darauf hin. Die münstersche Kunsthistorikerin Helga Wienhausen, die Claudia Landwehrs Schaffen seit vielen Jahren begleitet, beschreibt die Magie der visuellen Bühnen im Vorwort eines Katalogs (hier ein Ausschnitt) so: „ … Ruhe und Bewegung – diese Pole lotet die Künstlerin in ihren Bildern aus. Aber diese Ruhe ist trügerisch, sie lädt nicht ein zur Kontemplation und stillen Betrachtung, sondern sie wird da, wo die Bewegung im Schwung des Pinselduktus erstarrt, sogleich vom Kraftfeld der Farbe dynamisch aufgelöst …“

Genau so haben wir Begegnung, Raumwirkung und Werke auch erlebt bei unserem Besuch im Atelier: als Spannungsfeld von magisch anmutender Energie, beruhigender Sicherheit und unerwarteter Überraschung.

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