Holzbildhauer Ewald Böggemann Holzbildhauer Ewald Böggemann
Foto: Peter Leßmann

Menschen

AUF HOLZ GEKLOPFT

Am 24. Dezember schließt der Holzbildhauer Ewald Böggemann um 16 Uhr seine Werkstatt. Alle Jahre wieder. Dann geht er ins Haus, wo seine Frau, die vier Kinder und ein Enkelkind warten. Obwohl er jedes Jahr schon ab August mit dem Schnitzen von Krippenfiguren beschäftigt ist, liebt er die Weihnachtszeit. Der Heilige Abend ist für ihn eine gute Zeit, Dankbarkeit zu zeigen. „Ich bin zufrieden und glücklich darüber, was wir als Familie alles geschafft haben.“

Foto: Peter Leßmann
Ewald Böggemann erschafft große und kleine Figuren, Heilige und Unheilige.

KRIPPEN, KREUZE, KRUZIFIXE 

Ewald Böggemann ist 63 Jahre alt und führt seit 1983 seine Werkstatt in Mettingen. Ein Herrnhuter Stern weist den Weg durch den Garten zum Eingang. Hinter der Hobelbank geht es weiter in vier Ausstellungsräume, wo aberhunderte von Engeln und heiligen Familien in den Regalen stehen. 60 Prozent seiner Holzwerke haben eine religiöse Verbindung. „Krippen sind unser Hauptgeschäft“, sagt der Mettinger Holzbildhauermeister. Als wir ihn besuchen, steht der Meister an seiner Werkbank, die Schweizer Schnitzmesser liegen griffbereit. Draußen im Garten wächst Thuja. Die Lebensbäume sind so akkurat geschnitten wie die Figuren drinnen. Holzspäne fliegen herum, dass Pumuckl seine Freude gehabt hätte. Weil Böggemann um die Faszination seines Berufes und seines Handwerks weiß, bietet er zeitweise Führungen durch die Werkstatt und die Ausstellung an und lässt die Besucher sogar schnitzen. Abgesehen von der Arbeit an Weihnachtskrippen restauriert er Wegekreuze, fertigt Grabmale und Kruzifixe für öffentliche Einrichtungen oder Kreuze für private Wohnhäuser. Er stattet Kirchen aus, schnitzt kunstvolle Deckel für Weinfässer oder bietet Teigrollen mit Gravuren an.

SCHNELL UND GUT 

Als Ewald Böggeman noch Kind war, hat es ihn im Werkunterricht in der Schule gepackt. „Ich habe als kleiner Junge eine Holzschale geschnitzt“, und schon war er vom Holzwurm befallen. Folglich machte er nach der Schule im Nachbarort Recke bei Kurt Fink eine Ausbildung zum Bildhauer und wurde sogar 1978 Landessieger im Holzbildhauerhandwerk NRW. „Dreieinhalb Jahre habe ich bei Kurt Fink gelernt“, sagt er, „nicht selten musste ich 100 Blumen für eine Möbelfabrik schnitzen.“ Als Geselle widmete er sich der Ornamentschnitzerei und setzte noch die Holzbildhauerschule für figürliches Arbeiten oben drauf. Routine, Schnelligkeit und Präzision lernte er in den ersten Ausbildungsjahren. Das macht für den Beruf als Selbständiger den finanziellen Verdienst aus. Und Ewald Böggemann hat eine Familie mit vier Kindern, die versorgt werden wollten. Inzwischen sind die Söhne Sven und Frederik in die Holzbildhauerei eingestiegen. Jeder hat sein eigenes Steckenpferd, und so ist Platz für alle kreativen Geister. Dabei betont Ewald Böggemann: „Ich bin kein Künstler, ich bin Handwerker. Ich möchte für jeden da sein, auch für den Kunden, der nur ein kleines Schaf möchte.“ Die eigenen Bedürfnisse und Vorstellungen bleiben im Hintergrund. „Wenn man genau zuhört, weiß man alles“, den Satz sagt er immer wieder im Zusammenhang mit Kundenwünschen. „Wenn jemand was von Kirschholz und Gold erzählt, dann versuche ich die Kombination umzusetzen. Ich bin die ausführende Person und kein streitbarer Mensch“, sagt Böggemann und blickt dabei so gütig wie seine Heilgenfiguren.

Schnitzmesser Foto: Peter Leßmann
Mit Ewald Böggemanns Schnitzmesser darf kein anderer arbeiten.
Jesusfigur Foto: Peter Leßmann
Frisch gestrichen: In der Garage trocknet eine Jesusfigur, bis sie wieder an das Hofkreuz des Auftraggebers gehängt wird.
„Advent ist, wenn in der Werkstatt das Radio leise dudelt, das Feuer im Ofen knistert und das Tannen- grün duftet.“ Ewald Böggemann

INTERNATIONALE KUNDEN 

Mit den Jahrzehnten änderte sich der Geschmack der Kunden. Davon kann Böggemann viel erzählen: „In den 1980er Jahren mochten die Leute noch gerne die Schläge des Werkzeugs im Holz erkennen. Heute wird mehr geschliffen und verfeinert.“ Je nach Nationalität sind unterschiedliche Stile beliebt: „Sehr barocke Formen und Farben gehen gerne in den Osten, zum Beispiel nach Russland. Eher modern angepasst sind kanadische Kunden.“ Und die jungen Leute: „Die sind wirklich nachhaltig und kommen jedes Jahr, um eine Figur mehr für die Krippe zu kaufen – oder sich eine Weihnachtsholzkugel für 20 Euro zu gönnen.“ Böggemann beobachtet, dass gerade junge Familien „wie früher bei Oma“ jedes Jahr stolz ihre wertvollen Weihnachtsdekorationen aus Holz rausholen. Wenn sich Ewald Böggemann unterhält, kommt er vom Hölzchen aufs Stöckchen. Er erzählt von der Gnadenmadonna, die er für die Prozessionen der Kirche in Ophoven schuf. 250 Stunden hobelte, schnitzte und polierte er an der 1,5 Meter großen Madonnenfigur aus Lindenholz. In einen Eichenbaumstumpf schlug er den Heiligen Christopherus hinein. Der Baum steht in Greven an einem Hof bei Fuestrup. „Immer wieder hielten Radfahrer an und wollten zugucken, manche wollten sogar helfen“, lacht er.

Frederik Böggelmann Foto: Peter Leßmann
Frederik Böggemann richtet ein Traditionsfahrgeschäft wieder her.
Kreuz Foto: Peter Leßmann
Werkstattstilleben: Bürostuhl mit Kreuz.

FAMILIENSACHE 

„Freddy macht das“, ist so ein Satz, der oft fällt. „Freddy restauriert vor Weihnachten viele Pyramiden. Die Leute sind so glücklich, wenn die Familienstücke sich wieder über den Kerzen drehen.“ Derweil hat Freddys Sohn Spaß mit Opa Ewald – der kann nämlich zaubern und holt einen Keks hinterm Ohr her. „Wir haben selbst vier Kinder und einen Enkel – Kinder sind uns immer willkommen und machen am allerwenigsten in der Werkstatt und im Ausstellungsraum kaputt“, ist Böggelmanns Erfahrung. Er hat einen guten Draht zur Jugend: „Neulich hatten wir einmal eine 14-jährige Praktikantin. Die hat freihändig eine Pferdefigur geschnitzt und war mit großer Begeisterung dabei.“ Wer weiß, vielleicht kommt das Mädchen eines Tages als Auszubildende durch die Werkstatttür. Bis dahin werden Böggemanns einige Weihnachtsfeste feiern und vorher auf den Weihnachtsmärkten in Osnabrück und Paderborn stehen. Noch eine Anekdote erzählt Ewald Böggemann: „Einmal krachte uns während der Heimfahrt auf der Autobahn ein eingeschlafener Münchner mit 120 Stundenkilometern ins Auto. Passiert ist so gut wie nichts. ,Wie viele Schutzengel haben Sie gehabt?‘ – das hat der Polizist uns damals gefragt“, erinnert sich Böggemann. „Der wusste nicht, dass unser Kofferraum tatsächlich voller Holzengel war.“

Krippe als Handschmeichler Foto: Peter Leßmann
Alles aus und in einer Hand: die Krippe aus einem Stück als Handschmeichler
Foto: Peter Leßmann

Vom Pütt zur Holzkunst 

Ewald Böggemanns Vater arbeitete auf dem „Pütt“, im Bergwerk der Steinkohlenzeche in Ibbenbüren. Deshalb wohnte er in einem typischen Bergwerksarbeiterhaus, mit Platz für Kleinvieh und Gemüseanbau zur Selbstversorgung. So können Besucher der Werkstatt außer Holz noch Hühner und Kamerunschafe entdecken sowie Garagen mit wertvollen Funden, die auf Restaurierungen warten.

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