Loergasse Loergasse
Foto: Peter Leßmann

Geschichte

Aus Gassen werden Wege

Die Gasse 

Geradezu unauffällig kreuzt die Loergasse die Mitte der Fußgängerzone in der Salzstraße. Vom Alten Steinweg bis zur Clemenskirche zieht sich die Gasse. Die Nachkriegsbebauung ist ein Kontrapunkt im Barockviertel – das das barocke Adelspalais Erbdrostenhof und die barocken Dominikaner- sowie Clemenskirchen bilden. Der Fußweg durch die beiden Teile der Loergasse ist etwa 100 Meter lang.

Die Geschichte

In Münster sind die Anfänge der Stadtgeschichte von Bischöfen und der Kirche geprägt. Sie hatten die Macht über die Stadt. Doch so wie sich um den Drubbel der Kreis der Kaufleute und Händler entwickelte, die zunehmend das Stadtgeschehen mitbestimmten, so konnten auch die Handwerker an Einfluss gewinnen.

Was hat die Loergasse mit Handwerkern zu tun? Zum einen wurde die Gasse im Volksmund wohl lange Zeit auch Korfmakers Stiegesken genannt, weil hier Korbmacher wohnten. Zum anderen hat die Loergasse ihren Namen von den Lohgerbern. Die Gerber gerbten Tierhäute mithilfe von Eichenrinde (genannt „Loh“) zu feinem Leder. Die Lohgerber schlossen sich wie andere Handwerker zu einer Gilde, in anderen Regionen heißt es „Zunft“. Ziel der Gilden war es, ihre Machtposition zu stärken und einen Einfluss auf das politische und wirtschaftliche Leben in der Stadt zu nehmen. Im Jahr 1354 wurden in Münster solche Gilden erstmals erwähnt. Sie kontrollierten die Qualität der Waren, regelten Produktion und Preise. Die Handwerker hatten über die Gilden zwei Vertreter im Stadtrat und damit Mitspracherecht in der Stadtpolitik. Im Buch des Autors Bernd Haunfelder Münster, Illustrierte Stadtgeschichte (Aschendorff Verlag) zeigt eine Wappentafel der Gilden aus dem Jahr 1598 schon 17 Gilden.

Wer eindrucksvoll aus dem Mittelalter und der Zeit der Gilden erzählen kann, ist Klaus Woestmann, Stadtführer bei K3 Stadtführungen Münster. „Leder war im Mittelalter ein absolutes Massenprodukt“, erläutert er die Wichtigkeit der Lohgerber. Seit elf Jahren ist Klaus Woestmann, wenn es dunkel wird, als Nachtwächter mit Besuchern unterwegs. In der Dämmerung und später im Dunkeln sind ihm die Gassen wegen ihres historischen Ambientes am liebsten.

Die Existenz der Loergasse vermutet Klaus Woestmann schon im Alerdinckplan von 1636. Ganz sicher ist zumindest die Loerstraße schon eingezeichnet, die 1369 erstmals erwähnt wird.

Zur jüngeren Geschichte der Gasse gehören die Kriegszerstörung und der Wiederaufbau in der Nachkriegszeit. Josef Feldmann (Jahrgang 1944) vom Hotel Feldmann um die Ecke der Gasse an der Clemenskirche erinnert sich an seine Kindheit: „Es war alles zerstört. Als Kinder haben wir in der Umgebung und oft im Keller von Haus Kalthoff gespielt.“ Haus Kalthoff ist das Eckhaus an der Salzstraße mit der Rundung und der verzierten Fassade. Genau erinnern kann sich Josef Feldmann auch an die Appel-Pise, eine resolute Frau, die im rückwärtigen Teil des Hauses, wo sich heute die Buchhandlung Ringold befindet, Äpfel verkauft hat. „Die hielt die Gasse sauber und in Schuss!“

Clemenskirche Foto: Peter Leßmann
Die Clemenskirche steht heute alleine – früher war sie der Eckbau des Clemenshospitals.
Hotel Feldmann Foto: Peter Leßmann
Gegenüber der Clemenskirche führt Familie Feldmann seit den 1930er Jahren ihr Hotel, nun in vierter Generation.

Der Name 

Diese Gasse ist ein Fall für das niederdeutsche Dehnungs-e. Es heißt also nicht „Lörgasse“ sondern „Loooorgasse“, ähnlich wie bei der Gruetgasse. Die Loergasse galt also den Lohgerbern – Loh war die Eichenrinde. „Die Rinde gemahlen in einer Lohmühle ergab Gerbstoffe, mit denen man das Leder bearbeiten konnte“, sagt Klaus Woestmann. Er bringt auf seinen Stadtführungen Bilder aus der Zeit mit: Auf alten Stichen sieht man Männer, die Tierfelle über dicke Eichenstämme ziehen und sie mit Schabemessern bearbeiten. Deshalb hatten die Gerber in ihrem Gildewappen mehrere Schabemesser. „In den Gerbergruben muss es unglaublich gestunken haben. Zudem war Milzbrand eine Berufskrankheit der Gerber“ – eine Infektion, die von Bazillen aus den Tierhäuten übertragen wurde.

Allerdings hatten die Lohgerber ihre Werkstätten wohl nicht in der Loergasse: „Zum Ledergerben brauchte man viel Wasser, sodass die Gerber eher an der Aa gearbeitet haben“, sagt Klaus Woestmann.

Die Verbindung heute 

Die Loergasse ist für Innenstadtbesucher, die mit dem Auto am Alten Steinweg parken, der direkte Weg in die Mitte der Fußgängerzone Salzstraße. Weiter geht es zur Stubengasse – oder zum Hintereingang des Kaufhauses Galeria Karstadt.

Die Besonderheit 

An der Loergassen-Hausseite des Hotels Feldmann findet man eine unauffällige Schranke. „Als 1983 Münsters erstes McDonald’s-Restaurant in der Salzstraße öffnete, knatterten die Motorradfahrer mit Karacho durch die Loergasse“, sagt Josef Feldmann. Damals hätten sich die Anwohner zusammengetan, die Schranke aufgestellt und bei Bedarf geschlossen.

Die Geschäfte

Neben dem Hotel Feldmann und der Goldschmiede Mühlenkamp am einen Ende der Gasse findet man mittig der Gasse den CanaLine-Shop für Naturkosmetik und Hanfsamenaromaöl. Zwar mit der Postadresse „Salzstraße“, aber mit den Gebäuden an der Loergasse benachbart sind das Haushaltswarengeschäft Le Creuset, das Bekleidungsgeschäft Derberg, der City-Shop der Stadtwerke oder das Elektrofachgeschäft Gravis.

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