Foto: Peter Leßmann

Geschichte

Beim Hörsaal mit Croissantduft

Zuerst erschienen im MÜNSTER! Magazin #111 (März 2022).

Die Gasse

Die Bäckergasse liegt am Rande des Kuhviertels und ist das Auge des Sturms der Universitätswelt: gegenüber dem größten Hörsaals Münsters, dem H1, zwischen dem Internationalen Centrum für Begabtenforschung, der Universitäts- und Landesbibliothek und dem Juridicum (Rechtswissenschaftliche Fakultät der WWU). Die Katholische Theologie ist nicht weit, genau wie das Schloss mit Verwaltung und weiteren Hörsälen. Einkaufstouristen kennen die Bäckergasse als „schönste Verbindung zwischen Dom und Schloss“  – wenn sie vom Schloss-Parkplatz über die Bäckergasse durch das Juridicum zum Domplatz gelangen.

Die Geschichte

Laut Katasteramt ist die „Beckerstege“ schon 1636 im Stadtplan von Everhard Alerdinck zu finden. Ziemlich sicher gab es die Straße schon viel länger. Prominent war die Nachbarschaft: Die Familie der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff hatte hier ein Stadthaus. Eine nette Anekdote findet man bei den Stadtwerken: Die Straße Krummer Timpen habe nämlich nichts mit dem gebogenen Wegeverlauf zu tun. Viel mehr soll es in der angrenzenden Bäckergasse den Bäcker Wilbrand Busch gegeben haben, der um 1630 dort sein Geschäft betrieb. Der trug den Spitznamen „Krummer Timpen“, weil seine Brotsorte, das Timpenbrot, besonders geformt gewesen sein soll.

Annette Söltenfuß, die heutige Bäckersfrau der Gasse, hatte im Grundbuch nachgelesen, dass in ihrer Straße viele Handwerkerhäuser standen. Im 17. Jahrhundert soll es auch einen oder zwei Bäcker gegeben haben.

Ein „Schmankerl“ im wahrsten Sinne des Wortes zur Geschichte der Bäckergasse liefert Henning Stoffers: So soll es dort eine Laden-Filiale der Pferdeschlachterei Schlebusch gegeben haben – geschlachtet wurde in der Sonnenstraße. Geworben hat das münstersche Unternehmen so: „Kaufe Schlachtpferde zu höchsten Tagespreisen. Bei Unglücksfällen stehen Autotransporte zur Verfügung ... Lieferant für die Tierfütterung des Zoologischen Gartens Münster.“

Foto: Peter Leßmann
Wo Leezen sind, sind Studenten nicht weit: Die Treppe führt zum H1. Im Hintergrund die schmalen Häuser, nach der Kriegszerstörung recht simpel wiederaufgebaut.

Der Name

Laut Katasteramt bezieht sich die „Beckerstege“ auf das Bäckerhandwerk. Die „Becker“ sind als eine Gilde auf der Wappentafel von 1598 verewigt. In der Bäckergasse wohnten vermutlich Mit­glieder der Bäckergilde. Stadtgeschichtsexperte Dr. Ralf Klötzer zweifelt daran, weil die kleinen Parzellen der Gasse nicht repräsentativ genug wirken: Bäcker waren oft auch Brauer, hatten einen Bierausschank oder eine Gaststätte. Brot und Bier (weil das Wasser verunreinigt war) waren lebenswichtig. Deshalb sucht Ralf Klötzer nach anderen Erklärungen: Ob es einen Bach in der Nähe gab? Der Bach hieß damals „Becke“ – Beckerstege = Bachgasse? Oder: „Die Straße führt in die Richtung des damaligen Bakenfelds, eine Flur westlich vor der Stadt. Denkbar ist auch ein Wandel von Bakenstege zu Beckerstege.“ 

Die Verbindung heute 

Hier duftet es nach Kaffee: am Eck zum Schlossplatz im Café Malik, 1983 gegründet durch den Verein zur Förderung der Pressefreiheit, der Lesekultur und des Medienpluralismus. Oder bei der Kaffeetante … 

Foto: Peter Leßmann
„Ein bisschen Tüddelkram muss sein“, findet Kaffeetante Söltenfuß – draußen wie drinnen.
Foto: Peter Leßmann

Die Besonderheit 

„Der Bäcker und die Kaffeetante“ – so taufte Annette Söltenfuß die Bäckerei ihrer Eltern. Doch nach wie vor hängt das Schild in der Bäckergasse Nr. 6: Der kleine Bäcker am H1. Ihre Mutter Inge Bölling hatte 1979 das Haus gekauft, Annette Söltenfuß bekam schon als Kind mit, dass mehrmals am Tag die Studenten in die Bäckerei kamen: „Um viertel vor zehn, Viertel vor zwölf – alle zwei Stunden bis zum Abend.“ Ab 1995 übernahm Annette Söltenfuß die Bäckerei mit dem Café – sie freut sich, wenn die Studenten glücklich mit belegten Brötchen, Franzbrötchen oder Schokocroissants sind. „,Wir gehen eben rüber in den ,H 5‘ (also Hörsaal 5, Anmerkung der Redaktion) – so lautet das geflü­gelte Wort der Studis für einen Café­besuch“, erzählt sie. Oft kommen sogar Altstudenten – die früher schon bei der Mutter eingekauft haben.  

Geschäfte/Anlieger 

Abgesehen von den Cafés findet man in der Bäckergasse die Universitätsbuchhandlung Coppenrath & Boeser, den Rechtsanwalt Klaus Rolfes, den Musikpädagogen Dr. Markus Giljohann, das Architekturbüro Ambiente Environment sowie die Missionsschwestern von der Unbefleckten Empfängnis der Mutter Gottes. Nicht zu vergessen den Hörsaal H1 der Uni.  

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