Zu Fuß
Dem Klima auf den Spuren
Dunkle Wolken schieben sich zwischen blauen Himmel und grünen Wald. Kurz vor dem Gewitter treffen sich Naturfreunde, um mit dem Stadtförster Hans-Ulrich Menke vom Amt für Grünflächen, Umwelt und Nachhaltigkeit in der Hohen Ward zu sehen, wie sich der Klimawandel auf den Wald auswirkt. Der Regen kommt als inzwischen seltener Gast mit. Es scheint paradox: Die Hohe Ward liefert das Trinkwasser für Münster und leidet doch unter Wassermangel.
Ein schneller Steckbrief der Hohen Ward: rund 500 Hektar Wald zwischen Hiltrup, Rinkerode und Albersloh, zu großen Teilen im Besitz von Stadt und Stadtwerken und heute als Landschafts- und Wasserschutzgebiet ausgewiesen. Der Wald steht auf dem Münsterländer Kiessandzug, einem Übrigbleibsel aus den Eiszeiten, die Gletscherschmelze hat hier so viel Material liegengelassen, dass der Bereich der Hohen Ward etwas höher liegt als die Umgebung. Durch Sand und Kies versickert das Wasser (damit der Pegel stimmt, wird zusätzlich Kanalwasser eingeleitet) und reinigt sich, bis es ins Grundwasser gelangt. Daraus gewinnt das Wasserwerk in der Hohen Ward bis zu einem Drittel des Trinkwasserbedarfs in Münster.


Dennoch leidet der Wald unter Trockenheit. Die trockenen Sommer von 2018 bis 2020 begünstigen den Befall mit Borkenkäfern, die die Bäume schwächen und zum Absterben bringen. Extreme Wetterlagen, Starkregen und Stürme (vier heftige Stürme seit 2007) häufen sich. Der schlimmste liegt nun schon 15 Jahre zurück: Kyrill machte 2007 die Hohe Ward mit damals 60 Prozent Nadelholz ziemlich platt. Nach dem Sturm bekam die Holzwirtschaft 14.000 Festmeter – was den Normaleinschlag fünfmal erfüllte! Die Katastrophe führte dazu, dass Stadtförster Hans-Ulrich Menke mit seinem Team schon damals beim Wiederaufforsten von 40 Hektar auf Laub- und Mischwald setzte, um nicht wieder die Fehler von Nadelwaldmonokulturen zu wiederholen.


Beim Klimaspaziergang führt Hans-Ulrich Menke zu einer Stelle am Hauptweg, die inzwischen dicht bewachsen von verschiedensten Baumarten ist. „Hier stehen jetzt Stiel- und Traubeneiche, Hainbuche, Winterlinde, Kirsche, Flatterulme, Douglasie, Ahorn, Robinie, Hartriegel, Haselnuss und andere Hölzer aus Naturverjüngung. So ist in den letzten 15 Jahren ein vielfältiger und doch künstlich angelegter Wald entstanden, wie wir ihn heute wieder anpflanzen würden“, erzählt der Stadtförster. Vielfältig, das betont er: „Allein 14 Vogelarten sind auf Nadelhölzer als Lebensgrundlage angewiesen, deshalb bleiben Nadelbäume in einem Mischwald der Zukunft wichtig.“

Dicht an dicht stehen die Bäume, weil so die Stämme unten astfrei bleiben und ziemlich gerade Richtung Himmel wachsen – und so eines Tages kostbarer für die Holzwirtschaft sein werden. Dann allerdings wird Hans-Ulrich Menke nicht mehr im Dienst sein: Er geht am 31. August in Pension. Das erwähnt er so nebenbei. Auch dass er ab 1983 im Forstamt Münster etwa für den Wolbecker Wald zuständig war, ab 1990 war er dann bei der Stadt beschäftigt. Die Hohe Ward ist unter anderem sein Revier. Mit 40 Mitarbeitenden kümmert er sich um insgesamt 1000 Hektar Wald und die ca. 200.000 Bäume der Stadt.
Die tödliche Trockenheit im Wald zeigt der Förster an mancher Eiche: Sie sterben von oben, was man an einigen Exemplaren an einzelnen Ästen statt prächtiger Krone sieht. Die Trockenheit wird unter anderem von den längeren Vegetationszeiten verstärkt: „Früher waren Mitte Mai kaum Blätter zu sehen, heute ist um diese Zeit alles grün“, verdeutlicht Menke. Sind die Bäume von Mai bis November grün, ist die Phase des Wasserbedarfs auch länger – bei gleichzeitigem Mangel daran. „Wer heute noch am Klimawandel zweifelt, hat sich mit der Thematik nicht richtig beschäftigt“, findet der Stadtförster.