Zu Fuß
Zurück in die Natur
In den 1970er Jahren ging es in den Bockholter Bergen ab: Dort fand sich der angesagte Rodelberg der Münsterländer Kinder und Jugendlichen. „Früher war mehr Schnee“ erinnert sich Katrin Jäger, 50, Journalistin, Roman- und Krimiautorin, zwischenzeitlich nach Berlin ausgewandert und dann doch wieder ins Münsterland zurückgekehrt. Sie war eins der Kinder, die sich mit Karacho den Hügel hinuntergestürzt haben, „und kamikazemäßig fast im Stacheldraht gelandet wäre!“. Inzwischen stehen längst Bäume auf der Rodelpiste von einst. Was sich nicht geändert hat, ist, dass die Münsteraner immer noch gerne zum Spazierengehen in die Bockholter Berge fahren – zu jeder Jahreszeit. Besonders bunt ist es jedoch im Herbst. Dann färben sich die Blätter und mit etwas Glück blüht auch noch die Heide. Das ist der Grund, warum Katrin Jäger die Bockholter Berge zu einer ihrer 52 kleine & große Eskapaden im Münsterland ernannte. So heißt ihr Reiseführer, den sie für den Dumont Verlag geschrieben hat. Schreiben ist ihr Beruf: Als sie nach ihrem Publizistik-Studium in Münster in den 1990er Jahre nach Berlin ging, war die Berliner Journalisten-Schule ihr Ziel. „Von Westbevern, wo ich aufgewachsen bin, in die Hauptstadt, und das in der Nachwendezeit – das war wie bei Top Gun“, sagt sie heute. Während des Volontariats legte Katrin Jäger Praktika beim Gruner-und-Jahr-Magazin Stern ab, in der Deutschen Welle beim Fernsehen, in der Kulturredaktion der BZ, der Boulevardzeitung aus dem Axel Springer Verlag. Sie übernahm die stellvertretende Leitung der Lokalredaktion. Und das alles im Berlin von damals – „da konnte man sich Wohnungen noch aussuchen und es gab Parkplätze".
Wiedersehen mit Westbevern
Großes Kino war dann das Kennenlernen ihres heutigen Ehemannes: „Wir trafen uns auf einer Party in Berlin und stellten fest, dass wir beide aus Westbevern kamen“, lacht sie. Die Erkenntnis: „Ein Landmensch ist ein Landmensch – und dann kommt die Frage auf: Wenn wir Kinder bekommen, sollen die nicht dieselben tollen Möglichkeiten haben wie wir und auf dem Land aufwachsen?“ Also hat das Paar seine Zelte in Berlin abgebrochen. Inzwischen lebt die Familie von Katrin Jäger mit zwei Söhnen im eigenen Haus in Westbevern.
Arbeiten lässt es sich dort auch gut: Im März dieses Jahres brachte Katrin Jäger unter dem Pseudonym Lynn Andersen im Emons Verlag den Krimi Dänische Dämmerung heraus. Den Münsteranern ist Katrin Jäger als ehemalige Redaktionsleiterin von RUMS, dem Brief für Münster, bekannt. Bei aller Liebe zum Beruf und zum Schreibtisch ist ihre wichtigste Entdeckung seit ihrer Rückkehr: „Wenn man lange in Berlin gelebt hat, schätzt man es richtig, dass man hier Platz hat, dass man die Wäsche draußen trocknen kann und dass man die Leute im kleinen Edeka kennt." Die Journalistin liebt plötzlich Dinge, die sie früher als langweilig achtete: zum Beispiel, dass man schnell in der Natur ist. „Berlin hat ein traumhaftes Umland, aber mit der S-Bahn dauert es auch eine halbe Stunde, bis man draußen ist. In Westbevern steht man sofort auf der Wiese.“
Kein Wunder also, dass sie das Angebot aus dem Dumont Verlag angenommen hat, einen Reise- oder Ausflugsführer fürs Münsterland zu schreiben. „Das Konzept mit den 52 Touren finde ich gut – ich wäre sozusagen meine eigene Zielgruppe“. Und so begrüßt sie ihre Leser mit einer Kurzvorstellung ihrer Heimat: „Das Münsterland beruhigt, entschleunigt und überrascht. Grün ist es hier, die Landschaft ist geprägt durch Felder, Wiesen, Heide, Moor und endlose Pättkes. Flüsse, Seen, Kirchen, Wasserburgen …“ Das Buch ist bildreich und die Ausflugstipps bildhaft und lebendig beschrieben. Bei der Lektüre bekommt man direkt Lust, mit der Leeze die Touren abzuradeln oder die Wanderschuhe zu schnüren. Typisch für die Eskapaden-Reihe aus dem Dumont-Verlag ist die Aufteilung: einige Kapitel sind „Abstecher“ für ein paar Stündchen, das kann auch ein Besuch einer Wasserburg sein. Andere Kapitel sind Ausflügen gewidmet, die einen ganzen Tag dauern und dann gibt es noch Ziele für einen Mini-Urlaub vor der Haustür.
Wer kommt mit?
Von der Buchvertragsunterzeichnung an mussten Katrin Jägers Familie und Freunde mit, denn als Autorin und Fotografin in Personalunion brauchte sie ständig Fotomodelle. So entstand eine eigene Whatsapp-Gruppe; „Wer kommt heute mit?“. Der Rucksack schwer auf dem Rücken, mit Fotoausrüstung, Notizbuch, das Handy trackte die Tour. „Ich bin froh, dass das Buch jetzt fertig ist und ich jetzt in aller Ruhe die eigenen Touren nachmachen kann …“