Nachhaltig & Regional
Milchmann aus Überzeugung: klaus Höggemann
Wie er zum Milchstand auf dem Wochenmarkt gekommen sei? „Da muss ich ausholen!“ lacht Klaus Höggemann und nimmt uns mit auf eine Zeitreise. Denn bereits Bernhard Höggemann, sein Opa väterlicherseits, begann vor vielen Jahrzehnten seine überschüssigen Waren aus der hauseigenen Ostbeverner Landwirtschaft auf dem Wochenmarkt Münster anzubieten. Fünf Söhne hatte dieser, drei davon fielen im Zweiten Weltkrieg. Der Älteste, Karl, und der Jüngste, Ferdinand, blieben ihm. Während Karl Höggemann nach dem Krieg ebenfalls Händler wurde und mit Vater Bernhard den Einzelhandel aufzog, entschied sich Ferdinand (der Vater unseres aktuellen Gesprächspartners Klaus) für eine Ausbildung zum Rechtsanwalts- und Notarsgehilfen. Sein Wissen aus der Ausbildung führte ihn zu der Erkenntnis, dass es optimal wäre, den väterlichen Einzelhandel mit einem Großhandel zu verknüpfen. Das alles trug sich vor mehr als sieben Jahrzehnten zu und war doch ein wichtiger Baustein in der Geschichte, die auch Klaus Höggemann zum Markthändler formte. „Ich wurde dann hineingeboren“, sagt dieser (und selbiges trifft auch auf seinen Cousin, den Sohn seines oben genannten Onkels Karl zu, der heute auf dem Geistmarkt mit einem Geflügelstand anzutreffen ist). Als ältestes von sechs Kindern 1958 geboren, fuhr Klaus Höggemann schon als kleiner Bub gemeinsam mit dem nächstjüngeren Bruder mit zum Wochenmarkt – um auszuhelfen. Anfangs spickten sie auf von der Standseite aus angepinnte Rechentabellen – sie waren noch zu klein, um die Preise für sechs, zwölf oder gar 18 und 24 Eier auszurechnen. Helfen wollten und konnte sie aber trotzdem! Der Markt gehörte zu den Ferien- und Freizeitbeschäftigungen Nummer eins.
Höggemann erinnert sich: „In den Siebzigern waren wir die Ersten, die den „großen Bauer-Joghurt“ anboten, ohne Konservierungsstoffe, ohne Bindemittel – das war damals etwas ganz Besonderes!“ Nach dem Abi 1979 wollte Klaus, inzwischen den Zahlen und betrieblichen Zusammenhängen durchaus zugetan, eigentlich BWL studieren. Über die Höhere Handelsschule und „eine sehr gute Ausbildung bei Stroetmann, gibt’s ja heute noch!“ entwickelte er aber dann nach zwei Praktika im Käsegroßhandel und in einer Molkerei die Idee, ins elterliche Geschäft einzusteigen. Das war im Mai 1984. Klaus Höggemann war damals 26 Jahre alt und wurde Marktbeschicker, zunächst im Team seines Vaters. Der Marktplan war straff, denn außer den zwei Tagen in Münster wurden auch noch Märkte in Handorf, Warendorf, Kinderhaus und Coerde angefahren. Als seine Mutter starb (sie hatte sich unter anderem um die Buchhaltung der Marktstände gekümmert) und sein Vater das 65. Lebensjahr vollendete, übernahm Klaus Höggemann die komplette Verantwortung, seit 1998 ist er selbständiger Unternehmer.
Waren es in den Anfängen lediglich Milch, Butter, Quark, Joghurt und Eier, die am Höggemannschen Marktstand den Besitzer wechselten, so entwickelte sich das Sortiment im Laufe der Zeit weiter. Besonders als im Jahr 2000 ein neuer „Containerhänger“ mit Hygieneeinheit angeschafft wurde, ergaben sich mehr Möglichkeiten, seitdem ergänzt etwa Käse das Sortiment. „Meine persönliche Entwicklung formte auch meine unternehmerische Ausrichtung weiter“, erzählt Klaus Höggemann, es ging für ihn immer mehr Richtung Bio, so war er beispielsweise einer der Ersten, der Ware aus dem Weihenstephan-Sortiment sowie Andechser-Molkereiprodukte anbot. Später wurde er auch die wichtigste Vertriebsstelle von Birgits Hofkäserei. Derweil hatte Höggemann eine Familie gegründet, auch Schicksalsschläge erlebt.
„Markthändler sind ein spezielles, liebenswertes Völkchen.“ Klaus Höggemann
Als 1999 seine Frau bei einem Verkehrsunfall starb, stand er mit drei Kindern alleine da. Vor 3 Uhr früh begann ein jeder Markttag, vor 20 Uhr endete dieser selten, das zehrt natürlich, bei Wind und Wetter allemal. Heute sieht das Leben für den 63-Jährigen etwas entspannter aus. Denn seine älteste Tochter Julia ist nach dem Studium des Modedesigns in Hamburg, nach Jobs in Cafés und einer Barista-Ausbildung in der münsterschen Roestbar langsam aber sicher ins väterliche (sowie einst groß- und urgroßväterliche) Unternehmen eingestiegen. Dank LKW-Führerschein steuert die 32-Jährige auch das große Marktgefährt sicher von A nach B, eine Entlastung für Papa Klaus. Noch immer sind es die besonderen Produkte, die die Höggemanns den anspruchsvollen und oft auf Bio bedachten Kundinnen und Kunden anbieten möchten: etwa Milch in Glasflaschen, Joghurt und Käse vom Biohof Groß Bölting in Hamminkeln, wirklich ausgewählte Köstlichkeiten aus der Dingdener Heide.
Während Klaus Höggemanns Söhne als Mechatroniker und in der Baubranche berufstätig sind, hat nun auch die jüngste Tochter Franziska, die aus Höggemanns zweiter Ehe hervorging, gefallen am Umgang und Handel mit Lebensmitteln gefunden: Sie absolviert eine Ausbildung bei der münsterschen Bio-Bäckerei Cibaria, und nach Möglichkeit unterstützt sie ihre Schwester Julia auch ab und zu auf dem Wochenmarkt. Das gefällt Klaus Höggemann, der aus eigener Erfahrung weiß, wie kräftezehrend das Marktbeschicker-Jahr ist. „Ich würde meinen Kindern wünschen, dass sie etwas weniger arbeiten müssen, als ich das über die Jahrzehnte getan habe“, so Klaus Höggemann wohlwollend. Für Ausgleich (und auch als Gegenpol zum Selbstverzehr seiner vielen Lieblingsleckereien aus Milch wie etwa Schokopudding, Milchreis und Herrencreme) hielt sich der drahtige Ostbeverner seit früher Jugend mit Sport fit: Schwimmen im Verein, später Joggen, dann Rennradfahren. Heute schätzt Klaus Höggemann den heimischen Ruderergometer, auf dem er regelmäßig seine Kilometer abreißt. Baustein im Alltag ist übrigens auch das „regelmäßige Schauen“ nach seinem Vater Ferdinand, der inzwischen 89-jährig noch auf seinem Ostbeverner Altenteil mitten im Dorf, gleich neben dem Familienunternehmen, lebt: eine klassische und gelungene Generationengeschichte, wie sie uns auf dem Wochenmarkt Münster immer wieder begegnet.