Menschen
Ein Handwerker mit Hang zur Kunst
erschienen in MÜNSTER! Magazin No. 96 (November 2020)
Mit Steinstaub und Klopfgeräuschen ist der in Münster geborene und auf der Sentruper Höhe aufgewachsene Steinmetz, Bildhauer und Grabmalgestalter schon aufgewachsen. Seit über 100 Jahren existiert der Steinmetzbetrieb am Zentralfriedhof gegenüber der Trauerhalle – vor über 50 Jahren wurde dieser von Paul Hagedorn übernommen. Schon als Junge begleitete Johannes Hagedorn seinen Vater in „den Betrieb“ und verwuchs so früh mit den Naturmaterialen, Werkzeugen und auch mit der besonderen Aura zwischen Handwerk und Gestaltung.
Doch nach dem Realschulabschluss schlug er erst einmal nicht den Weg Richtung Familienunternehmen ein, sondern entschied sich zunächst fürs „Abi-Machen“ am Ratsgymnasium, dann für eine Ausbildung als Steinmetz in Bevergern im Kreis Steinfurt. Stets zog es ihn während Abizeit, Ausbildung, Meisterschule und auch während der Pflichtwehrdienstzeit hobbymäßig zum Arbeiten „an den Stein“. Nach langen Tagen in der Kaserne noch fünf Stunden bildhauerische Arbeit? Für Hagedorn Entspannung statt Extra-Belastung. So entstanden vor etwa 35 Jahren seine ersten freien Werke.
Handwerk plus Gestaltung – ein FH-Studium im Bereich Produktdesign lag nahe und dank erfolgreicher Mappengestaltung war der Studienplatz sicher. Während der Semester an der Fachhochschule drängten sich parallel andere Projekte dazwischen: Mit gerade mal Mitte Zwanzig pachtete er Ende der 1980er Jahre gemeinsam mit Freunden eine alte Hofstelle hinter der Sentruper Höhe und restaurierte, renovierte, belebte sie von Grund auf – ein niemals endendes Projekt: Noch heute lebt er dort mit seiner Familie und den täglichen Extra-Aufgaben, die sich bei einem alten Haus im mehr oder weniger ländlichen Raum so ergeben.
Zugegeben: das Diplom als Produktdesigner hat Hagedorn nicht in der Tasche oder an der Wand hängen. Denn die praktischen Aufgaben auf dem Hof und dann auch mehr und mehr im väterlichen Betrieb, in den er hineinwuchs und den er später übernahm, lagen ihm näher. Niemals endete aber die künstlerische Auseinandersetzung mit den Werkstoffen, die ihm auch sein Beruf als Steinmetz in die Hände spielte. Nach Feierabend und an Wochenenden steht der Vater zweier erwachsener Töchter auch privat in der „Zweit-Werkstatt“ am Wohn-„Haus-und-Hof“ und verwandelt Steine (und zuweilen auch andere Materialien) in abstrakte oder figürliche Formenspiele.
Der 57-Jährige ist wahrlich kein Mann der großen Worte. Und dazu, hier ein paar seiner Werke für sich sprechen zu lassen, musste er auch mit sanftem Druck bewegt werden. Zwischen den kraftvollen Händen voller Energie und dem guten Auge für Gestaltung wohnt ein feiner, ein sicherer und doch zurückhaltender Charakter. Einer, der tagsüber in Friedhofsarbeiten aufgeht – und der auch in seiner Freizeit schweren Steinen lebendige Geschichten einhaucht.