Menschen
Genüsse einer Gastgeberin
erschienen im MÜNSTER! Magazin No. 100 (März 2021)
Eigentlich ist Nina Hemmen, aufgewachsen in Gremmendorf und Havixbeck, Autodidaktin. „Müsste ich mich in einem Wort beschreiben, wäre es ‚Gastgeberin‘“, lacht die Wahl-Berlinerin mit Wohnsitz in einem Neuköllner Loft. Gastgeberin für Familie und Freunde, Schulkinder und Senioren, Gäste und Feste, für Teilnehmer in ihrer Kochschule, für Kochkollegen und Zufallsesser an ihrem stets belebten Tisch.
KOCHEN ALS ZEITREISE
Nina Hemmens Kochbuch ist eine Zeitreise durch ihr Leben und beginnt mit kulinarischen Erinnerungen an Kindheit, Jugend und den Einstieg ins Erwachsenenleben in Münster – weitere Kapitel entrollen sich über Wandlitz, wo Nina Hemmen eine Kochschule betrieb, Irland, wo sie eine Kochausbildung absolvierte und Berlin, wo sie heute ihren „Lebens- und Kochmittelpunkt“ gefunden hat.
,,Menschen, die vergessen zu essen, sind mir suspekt“, sagt die ehemalige Schülerin des münsterschen Annette-Gymnasiums, die über viele Umwege – unter anderem über ein in Münster begonnenes BWL-Studium – zu ihrer heutigen Berufung kam. Mit 32 brach sie aus ihrer Heimat Münster in ein neues Leben in Wandlitz in Brandenburg auf, dort engagierte sie sich 21 Jahre lang nicht nur mit dem Aufbau ihrer Kochschule, sondern auch in vielen sozialen Projekten, etwa im Bereich der Generationenbegegnung. Zum Beispiel nach dem Motto: Senioren zeigen der Jugend, wie man klassische Rouladen rollt. Die Youngsters begeistern im Gegenzug die Älteren mit Burgerideen ...
AUSGERECHNET IRLAND!
Ein Meilenstein im Leben der Köchin und nun auch Kochbuchautorin Nina Hemmen war ganz sicher auch der dreimonatige Aufenthalt in Irland, wo sie ihr Handwerk nun nach ganz viel selbst ausprobierter Praxis auch „offiziell“ erlernte.
Während im Münster-Teil ihres Kochbuchs unter anderem auch Opa-Brot (so wie es Nina Hemmens Vater buk), Struwen (Klassiker!) und Rhabarberkuchen (nach Rezept ihrer Mutter, telefonisch mit der Schwester abgestimmt) zu finden sind, locken aus der Wandlitz-Zeit etwa Parmesan-Lollies (für eine Erstkommunionfeier entwickelt), Lachs-Avocado-Salat (Renner aller Buffets) und Perlhuhnbrust mit Kaffeesalz auf Karottenpüree (nach einer Inspiration aus Südafrika).
Dass aus dem Kochkurs in Ballymaloe, Irland, Rezepte wie Sandwichbrot (für perfekte quadratische Scheiben), Gurken-Pickles (auch für echte Hot Dogs!) und Coleslaw (aus Rotkohl und zu Burgern eine Offenbarung!) stammen, klingt nachvollziehbar. Aber Bohnen- Nektarinen-Fenchel-Salat? Der hat seine Berechtigung, weil Nina Hemmens Liebe zu Bohnen eben erst dort, in Irland, erwachte.
BERLIN INSPIRIERT BUNT.
Und schließlich: Berlin. Mit dieser unglaublichen Vielfalt an Speisen und Restaurants. Mit einem Neuköllner Leben in einem Kiez voller unterschiedlicher Kulturen, mit inspirierenden Märkten und Menschen. Diesem Kapitel des Buches entspringen etwa Korianderpesto (ein Standard in Hemmens Kühlschrank, die sich zugegebenermaßen erst mit 40+ für dieses markante Kraut erwärmen konnte), Grünkohlchips (Was für ein leckerer Snack!) und einem Sauerteigbrot, das viele Brotliebhaber immer und immer wieder ins Schwärmen bringen wird. Vom Lauwarmen Oktopus-Salat ganz zu schweigen und von den Lieblings-Brownies, so „schokoladig-innen-klebrig-außen-crispy“, dass Schocoholics in einen Rausch geraten werden.
Ein halbes Lebens voller Kocherlebnisse, voller Kochschüler und Buffetkunden, Gäste und Küchenkollegen: Ein Kochbuch zu schnüren aus all den Entdeckungen und Tipps, Geschichten und Gerichten lag mehr als nahe und „in der Luft“, spätestens als nach dem Tod von Nina Hemmens Mutter deren Familienrezepte für die Nachkommen erhalten werden sollten. Auch die vielen handschriftlichen Notizen aus Münster, Wandlitz, Irland und Berlin sollten fixiert, Zutaten vermessen, Teller angerichtet und fotografiert, Kniffe verraten werden.
„Zum Runterkommen nach langen Arbeitstagen, großen Buffets, herausfordernden Aufträgen und auch nach den Fotoshoots fürs Buch habe ich mich mit Sockenstricken entspannt. Das beruhigt ungemein!“ NINA HEMMEN
Und jetzt liegt es vor, das fast 1,5 Kilo schwere Werk, das Nina Hemmen ohne verlegerische Hilfe, dafür mit einem Rücken aus feinem schweizerischen Leinen versehen und vollgepackt mit Foodfotos der Extraklasse, veröffentlicht hat.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Nachkochen und Zubereiten! Und wenn Sie wissen möchten, warum Nina Hemmen unter einem Muskatnusstrauma leidet, weshalb es kein Vergnügen ist, mit ihr ein Restaurant zu besuchen (was sie augenzwinkernd zugibt) und was sie mitbringen würde, wenn sie spontan mit den Zutaten einer fremden Küche kochen dürfte, dann lesen Sie einfach (mindestens) Seite 8 in Kochen was bleibt.