Vorspeise aus dem Pasta e Basta Vorspeise aus dem Pasta e Basta
Foto: Hubertus Huvermann

Restaurants

Benvenuto in famiglia

Zuerst erschienen in Münster Urban #13 (Juni 2019).

„Man muss tüchtig sein und Menschen mit Erfahrung fragen“, so einfach scheint der Schlüssel zum Glück, wenn wir der Lebensphilosophie von Alessandro Magnolo Glauben schenken wollen. Und das sollten wir ruhig, denn der Mann hat Erfolg und er hat einst mit „Nullkommanichts“ angefangen.

Mit 15 landete der Italiener aus dem sonnigen Apulien direkt aus dem Süden Italiens im ländlichen Vreden, Kreis Borken. Integration war damals noch kein Thema. Der Onkel betrieb dort ein Restaurant. So war es halt. Und Alex war ein Jugendlicher mit Hauptschulabschluss und mit „Bewegungsdrang“. Diesem kam er nach, als er mit 18, vor mehr als 20 Jahren, seinen Führerschein in der Tasche hatte. Bloß weg aus dem Westmünsterland, rein in die Städte! Osnabrück, Hamburg, Düsseldorf – einen Job zu finden war für Alex nie schwer: „Ich klopfte bei den Restaurants an und fragte nach Arbeit. Das funktionierte immer.“

2002 verschlug es ihn nach Münster, Freunde waren zum Studium hierher gekommen. Als Kellner heuerte er im Hafen an. Zu dieser Zeit gab es noch Schotterwege am ungeschönten Kai, in punkto Gastronomie gerade mal das Pier House, den Hot Jazz Club und das Café Med, wo er vier Jahre im Service arbeitete.

„Ich habe mir selbst das Leben beigebracht“
Alessandro Magnolo, Inhaber der Pasta e Basta Lokale Foto: Hubertus Huvermann
Alessandro Magnolo alias „Alex“: Nur schwer konnten wir ihn zu einem Porträt überreden. Der Erfolg ist gekommen. Die Bescheidenheit geblieben.

Kellner, Schichtleiter, Chef. So lief dann die nächste Etappe, nun im Pasta e Basta an der Neubrückenstraße, ab. Nach einiger Zeit dort übernahm er das bereits seit 1991 existierende Lokal direkt von Roberto Turchetto, der vielen Münsteranern durch seine zahlreichen Gastrospots ein Begriff sein dürfte. Das Pasta e Basta-Konzept vom „unkomplizierten Teller wie bei Freunden oder Mama“ gefiel Alex. Zu den Gästen hatte er einen super Draht. Und die Banken trauten ihm den Schritt in die Selbstständigkeit zu und unterstützten ihn sehr.

Sicher, diese Selbständigkeit war ein Sprung ins kalte Wasser. Alessandro Magnolo hatte ja nur „by doing“ gelernt, allerdings hatte er stets bei allen Stationen und Betrieben ein Auge auf die Abläufe und in die Küche geworfen. Zuversicht schenkten ihm das Team („Alex, wir wuppen das!“) und seine Bescheidenheit. Da der zu diesem Zeitpunkt erst Achtundzwanzigjährige von „nichts“ kam, hatte er auch nicht viel zu verlieren. Sollte es schiefgehen, würde er wieder wie früher mit vier anderen Jungs ein Zimmer teilen. Er kannte ja diese Zeiten noch gut. Andere Zeiten. Wo ein Brief an Mama in Italien sechs Tage dauerte und ihre Antwort eine weitere Woche. Wo ein Telefonat mit der Heimat nur genau so lange funktionierte, bis die Münzen durch den Fernsprecher gerattert waren. Alex hatte war eher ein stiller Typ, konzentriert, anstrengungsbereit. Gute Voraussetzungen.  „Heute fragen die jungen Leute frühzeitig: Was steht mir zu? – Das kannten wir so nicht. Ich dachte nur: Was kann ich leisten?“, erinnert sich Magnolo. Also krempelte er die Ärmel auf. An jedem einzelnen Tag stand er in seinem Pasta e Basta an der Neubrückenstraße, ausnahmslos. Vom Aufschließen am Morgen bis zum letzten Handgriff in der Nacht. Und er war glücklich: Denn: Es lief!

Einrichtung des Restaurants Pasta e Basta Foto: Hubertus Huvermann
Gemütlich ist es! Für die Gestaltung seiner Lokale vertraut Alex unter anderem auf lokale Partner wie Donnerblitz Design, Kawentsmann, Conmoto und Sieger Design.
Napoletanische Pizza von Münsters Italiener Pasta e Basta Foto: Hubertus Huvermann
Das ist mal echte Neapolitanische Pizza – natürlich im kuppelförmigen Holzofen gebacken! Die Zutaten wie die legendären Mutti-Tomaten und das unverzichtbare Caputo-Mehl kommen direkt aus Italien, unverwechselbar ist der weiche Rand, Cornicione genannt.

Als dann die Projektentwickler des Cube-Gebäudes am Hafen auf ihn zukamen, ob er sich nicht nach dem bewährten Pasta e Basta Konzept ein zweites Standbein am Kreativkai vorstellen könne, schlug er ein. Was hatte er zu verlieren? Es war seine Chance. Und so eröffnete er Ende April 2010 mit dem Pasta e Basta al Porto ein weiteres italienisches Restaurant. Ab diesem Zeitpunkt wurde gependelt: Neubrückenstraße – Hafen – und zurück. Mehrfach am Tag. Das Konzept funktionierte, der Hafen an sich florierte und als 2013 Räume nebenan am Hafenweg frei wurden vergrößerte Alex sein Pasta e Basta al Porto von 40 auf unglaubliche 120 Plätze im Innenbereich und inzwischen 150 Plätze auf der Terrasse am Wasser. Er war selig. Seine Gäste liebten das Gastrokonzept, die familiäre Atmosphäre und beide Standorte, das „Centro“ und das „Porto“. Seine Mitarbeiter schätzten ihn als Chef und Freund und schulterten gemeinsam mit ihm die inzwischen riesengroße Herausforderung, die er mit gerade mal Anfang 30 angenommen hatte.

Natürlich gab es auch knifflige Zeiten. Wo alles zusammenzufallen drohte. Zum Beispiel Diskussionen mit Ordnungsamt über die Berechtigung der Außenbestuhlung. Oder etwa eine unangekündigte Steuerprüfung, in deren Zuge vier Dutzend Beamte seine Läden auseinandernahmen. Alex bewahrte ruhig Blut: „Ich komme von nichts. Ich weiß, wie es ist, ohne etwas zu sein. Meine Freiheit ist das Wichtigste. Jederzeit kann ich wieder als Kellner beginnen und ganz klein von vorn anfangen.“ Dieses Mantra trug ihn durch rubbelige Phasen wie diese.

Auch konzeptionell gingen manche Ideen mehr, andere weniger auf. Die eigene große Pastamanufaktur – al Porto integriert – war eher eine Phase. „Wir haben festgestellt, dass etwa für Spaghetti die Qualität unserer in Italien gekauften Produkte besser ist als die selbstgemachten.“ Also wurde umgeplant: Noch immer sind einige Pastasorten handmade, andere werden vor allem durch die selbstgekochten Soßen veredelt.

Rino und Ermanno aus dem Pasta e Basta Foto: Hubertus Huvermann
Rino und Ermanno haben al Porto alles im Blick. Sie lieben es, wenn im Sommer die ganze Terrasse voller Genießer sitzt und original italienische Lebensart durchblitzt. Perfetto!

Überhaupt ist es eher das Simple, das die (unglaublich, fast 90 Prozent!) Stammkunden ins Pasta e Basta (der Titel spricht Bände!) zieht. Gelebte Gastfreundschaft, ein dampfender Teller Nudeln, saisonale Gerichte, der unkomplizierte Mittagstisch, das Zusammensitzen, Gemütlichkeit, Kommunikation, ein Glas Vino oder zwei, basta. Mit diesem Konzept dockte Alex auch 2015 die Pasta e Basta Bar an das Lokal im Zentrum an. Speisen werden rüber gereicht. Unkompliziert! Und in diesem Unkomplizierten liegt vielleicht gerade der Reiz.

„Die Münsteraner müssen aber das Dolce Vita im Alltag noch etwas lernen. Einfach auf dem Rückweg von der Arbeit vom Fahrrad steigen, Platz nehmen, einen Vino trinken, vielleicht nur einen Teller Nudeln teilen oder eine Bruschetta knabbern – tut so gut und ist so einfach!“ weiß der Gastronom, der seit 2018 einen weiteren großen Schritt seiner Selbständigkeit gegangen ist: Mit Il Pizzaiolo an der Neubrückenstraße hat er mit echter neapolitanischer Pizza in einem von Architektur in San Franzisco inspirierten Ambiente sein Portfolio erweitert und ein paar Monate später mit dem Il Pizzaiolo II zusätzlich auf die etwas jüngere Hansaring-Hood übertragen, hier als hippere Barkonzept-Kooperation mit dem befreundeten Gastrokollegen Kolja Lehmann. Willkommen in der Familie, Gastrospot fünf, oder sagen wir: viereinhalb.

Wie ist das zu stemmen in einem Alltag, der frühmorgens im Büro im Kreuzviertel beginnt und nachts am Hafen oder an der Neubrückenstraße endet? „Meine Teams sind das Beste, was mir passieren konnte“, so Alex. Sie stehen wie ein Fels in der Brandung an seiner Seite, die Fluktuation ist niedrig, 80 Prozent sind seit Jahren dabei, Aushilfen bleiben meist ihr komplettes Studium bis zum Abschluss im Team. „Wenn einer Probleme hat, dann sage ich dem Betriebsleiter nicht: Ersetz den mal! Nein. Wir setzen uns zusammen bei einem Teller Pasta und schauen, wie wir weiterhelfen können. So habe ich das gelernt, so ist das für mich normal. Und das verbindet und schafft vielleicht auch die familiäre Atmosphäre, die unsere Stammgäste wiederkommen lässt.“

Apropos Familie! Seit 2013 ist Alex mit Nina (kennengelernt hat er sie erwartungsgemäß als Gast im Pasta e Basta ...) verheiratet. Dr. Nina Magnolo, um genau zu sein. Als eine der jüngsten Oberärztinnen überhaupt leitet sie das Zentrum für innovative Dermatologie am UKM und verlässt morgens schon vor Alex das Haus. „Von 16 bis 18 Uhr könnt Ihr mich nicht anrufen!“, rief uns Alex in der Interviewphase zu. „Da spiele ich mit meinen Kindern, mein Handy ist dann immer aus.“ Sympathisch, finden wir. Benvenuto in famiglia!

Außenansicht Pasta e Basta Foto: Hubertus Huvermann
Pasta aus dem Pasta e Basta Foto: Hubertus Huvermann

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